© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/01 23. März 2001

 
Die CDU unter Druck
Landtagswahlen: Trotz Rückenwind aus Hessen wird es kritisch im Südwesten
Alexander Griesbach

Die CDU dürfte in diesen Tagen mit einer Mischung aus Hoffen und Bangen auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz blicken. In Rheinland-Pfalz geht es nach Lage der Dinge wohl nur noch darum, wie deutlich die Niederlage für den unpopulären Beck-Herausforderer Christoph Böhr (CDU) ausfällt. So kann der amtierende Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) mit einer Mischung aus Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit konstatieren: "Die Stimmung ist gut. Die politische Konkurrenz tut das Ihre."

Die Umfragen geben Beck recht: Würde der Ministerpräsident direkt gewählt, käme Böhr nur auf 15 Prozent der Stimmen, der Amtsinhaber Kurt Beck auf 70 Prozent. Nicht einmal unter den CDU-Anhängern hätte Böhr dann eine sichere Mehrheit. Aus Sicht der CDU ist dies ein katastrophaler Wert, denn der 52jährige Beck ist weder ein guter Redner noch hat er Charisma oder gar ambitionierte Ziele. Becks Erfolgsgeheimnis besteht schlicht darin, ständig an das "Wir-Gefühl" zu appellieren. In Becks "Wir"-Reden lösen sich alle Probleme auf, von der Rentenreform über die Öko-Steuer bis hin zur BSE-Krise.

Es ist diese scheinbare Volksnähe, auf die der promovierte Philosoph Böhr außer hilflosen Poltern keine Antwort weiß. "Der Ministerpräsident testet Gewürzgurken, brät Würste auf dem Weihnachtsmarkt und verkauft Lose auf der Kirmes", schimpfte Böhr jüngst und fügte hinzu: "Das ist eine Karikatur von Politik, die wir hier erleben." Letztlich zeigt Böhr mit seiner Bemerkung nur, daß die CDU auf die taktisch versierten Winkelzüge Becks bis heute keine Antwort gefunden hat. Deshalb muß die CDU befürchten, daß der historischeTiefststand bei der letzten Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, als die CDU gerade einmal 38,7 Prozent erreichte, nochmals unterboten wird. Wenn es dann auch noch in der Unions-Hochburg Baden-Württemberg zu einer Ablösung der christlich-liberalen Koaliton kommen sollte, käme dies für die CDU einem GAU gleich.

Daß die Wahl am 25. März für die Union in Baden-Württemberg überhaupt zu einer Zitterpartie geworden ist, ist insbesondere der 36jährigen Teufel-Herausforderin Ute Vogt zu verdanken. Deren Wahlkampfmanager haben es verstanden, in Baden-Württemberg eine Wechselstimmung zu erzeugen, die der strategisch und taktisch inflexible Erwin Teufel wider Erwarten zum Opfer fallen könnte. Dies ist umso erstaunlicher, weil im Grunde genommen alles für Erwin Teufel spricht. Er hat eine passable Regierungsbilanz vorzuweisen und steht als Ministerpräsident einem Land vor, daß im Ländervergleich ganz weit oben rangiert.

Vogt und ihre Berater haben deshalb ganz auf Emotion gesetzt. Die "Jungpolitikerin" Vogt, die bis vor kurzem nur wenigen als Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses bekannt war, ist mit Erfolg gegen den vermeintlich phantasielosen Patriarchen Teufel aufgebaut worden. Hier die dynamische, vitale und energische Herausforderin, die aus Baden-Württemberg ein "dynamisches und weltoffenes Land" machen will; dort der steife, behäbige Teufel, der angeblich die Zeichen der Zeit nicht lesen kann und deshalb abgewählt gehört.

Mit dieser Strategie hat Vogt bisher Erfolg gehabt. Denn es macht sich in Baden-Württemberg in diesen Wochen ein gewisser Überdruß an der Person Teufels bemerkbar, ein Überdruß, an dem auch schon Helmut Kohl im Herbst 1998 gescheitert ist. Diese Wechselstimmung, die von den Medien fleißig genährt wird, verhindert, daß Ute Vogt als das erkannt wird, was sie ist: ein politisches Leichtgewicht.

Ganz auffällig wurden Vogts Defizite in der ersten "Elefantenrunde" des laufenden Wahlkampfs am 8. März, in der sie insbesondere durch Selbstgefälligkeit, Überheblichkeit und nicht enden wollender Geschwätzigkeit auffiel. Teufel freilich war an diesem Abend auch nicht in der Lage, aus den offensichtlichen Defiziten seiner jungen Herausforderin Kapital zu schlagen. In buchhalterischer Manier betete er die Erfolge der Landesregierung herunter und langweilte damit die Zuhörer. Er dokumentierte mit seinem Auftritt vor allem, daß er den Anforderungen der Mediengesellschaft nicht entspricht.

Zum Verdruß der CDU kommt neben Vogt in Baden-Württemberg noch ein weiterer Faktor hinzu, der deren Ambitionen gründlich die Suppe versalzen könnte: nämlich die Republikaner, die sich seit 1992 hartnäckig im Parlament halten. Und auch diesmal sieht es trotz des "Aufstands der Anständigen" nicht so aus, als würden die Republikaner mit Rolf Schlierer an der Spitze am 25. März die Segel streichen müssen. Für Irritation bei den "demokratischen Parteien" sorgt darüber hinaus das moderne Wahlkampfkonzept der Republikaner, das ohne Abstriche neben der Konkurrenz bestehen kann. Die Republikaner dokumentieren mit diesem Konzept das, was der CDU abgeht: Flexibilität und strategisches Gespür.

Daß die CDU bereits Argumente für einen möglichen GAU am 25. März sammelt, zeigte die Reaktion von CSU-Landesgruppenchef Michael Glos, der den Grünen mit Blick auf ihren Asyl-Beschluß vorwarf, bewußt "rechtsextreme Parteien" zu unterstützen. Seines Erachtens könnten die Bündnisgrünen ein Erstarken der Republikaner in Baden-Württemberg im Auge gehabt haben, um dort die Wiederwahlchancen der Regierungskoalition aus CDU und FDP zu schmälern.

Weichenstellungen werden sich aus der Doppelwahl auch für die Bündnisgrünen und die FDP ergeben. Die FDP ist sowohl in Rheinland-Pfalz als auch in Baden-Württemberg an der Regierungskoalition beteiligt. Aber nur in Baden-Württemberg hat die FDP mit ihren Sympathieträger Walter Döring soviel Profil gewonnen, daß sie mit relativer Entspanntheit der Wahl entgegenblicken kann. Dies gilt nicht für Rheinland-Pfalz, wo die Partei mit dem gelernten Bäckermeister Hans-Arthur Bauckhage einen an Farblosigkeit kaum noch zu überbietenden Spitzenkandidaten in den Wahlkampf geschickt hat. Es steht kaum zu erwarten, daß dieser ein zweistelliges Ergebnis einfahren wird. Unter Umständen könnte die FDP in Rheinland-Pfalz zu den Verlierern des Abends gehören.

Ob die Grünen unter ihrer im Bund vollkommen unbekannten Spitzenkandidatin Ise Thomas wieder in den Mainzer Landtag einziehen werden, steht derzeit in den Sternen. Darüber hinaus haben die Bündnisgrünen mit ihrem Asylbeschluß und ihrer Ankündigung, die Ökosteuer über das Jahr 2003 hinaus weiter führen zu wollen, das Ihrige getan, um mögliche Wähler abzuschrecken. Dieter Salomon, Fritz Kuhns Nachfolger als Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg geworden ist, dürfte der Wind deshalb kräftig in das Gesicht wehen, wenn am Wahlabend statt der erhofften zwölf nur acht oder neun Prozent für die Bündnisgrünen zusammenkommen sollten. Und danach sieht es nach den jüngsten Prognosen aus.


 
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