© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/01 30. März 2001

 
WIRTSCHAFT
Ein Hoch auf die Aktienspekulanten
Bernd-Thomas Ramb

Die allseitigen Beschimpfungen der ruchlosen Aktienspekulanten, die quasi über Nacht und ohne zu arbeiten zu Multimillionären aufsteigen, sind verstummt. Der Deutsche Aktienindex bringt selbst den schärften Kapitalistenhasser zum Schweigen. Mitleid kommt allerdings auch nicht auf, auch nicht für den törichten Familienvater, der in wilder Gier nach dem schnellem Geld Haus und Hof verzockte und nun die auf Pump gekauften Aktien für einen Bruchteil des Kaufpreises verscherbeln muß. Die Kurse sind auf einer Talfahrt, deren Ende in den letzten Wochen so häufig prognostiziert wurde, wie das Entsetzen über die Fortsetzung des Niedergangs sich potenzierte. Warum also nicht Schadenfreude? Angesichts des fulminanten Rückgangs von 7.500 auf 5.500 Punkte beim Dax innerhalb der letzten zwölf Monate und der Degradierung der Aktien des Neuen Marktes auf ein Viertel ihres Vorjahreswertes können sich nur die Betroffenen ein Grinsen verkneifen.

Die Zahl der Nichtbetroffenen nimmt jedoch in Deutschland ab. Immer mehr entscheiden sich für eine Vermögensanlage in Aktien. In Zeiten des Untergangs der staatlichen Altersvorsorge und aufziehender Inflationsgewitterwolken heißt es, nicht nur sichere, sondern auch rentable Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen. Da spielt der Aktienbesitz nach aller Erfahrung eine wichtige Rolle. Das Zerbrechen des Bildes vom Spielermarkt für windige Typen ist daher ebenso zu begrüßen wie die Wiederholung der harten Lehren kapitalistischer Grunderfahrung: Aktienkäufe sind Investitionsentscheidungen auf privater Basis. Wer glaubt, ohne Risiko bei geringem Überlegungsaufwand hohe Rendite erschlafen zu können, ist an der Börse an verkehrter Stelle. Hut ab vor dem mutigen Abwägen der Aktienspekulanten.


 
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