© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/01 06. April 2001

 
"Kurs halten"
Republikaner: Debatte über Konsequenzen aus der Wahlniederlage
Thorsten Thaler

Knapp zwei Wochen nach den Landtagswahlen haben die Republikaner den Verlust ihrer bundesweit letzten Parlamentsfraktion in Stuttgart noch nicht verdaut. Am kommenden Wochenende will der Bundesvorstand auf seiner Sitzung in Berlin eine Analyse der Ergebnisse der beiden verlorenen Wahlen in Baden-Württemberg (4,4 Prozent) und Rheinland-Pfalz (2,4 Prozent) vornehmen und über mögliche Konsequenzen beraten.

Dabei scheint nach Informationen der JF in den Landesverbänden weitgehend Einvernehmen darüber zu bestehen, daß die Partei programmatisch und personell an ihrer bisherigen Ausrichtung festhalten sollte. Die Landtagswahl in Baden-Württemberg sei zwar "ein herber Rückschlag", wie die Republikaner-Chefin in Nordrhein-Westfalen, Uschi Winkelsett, meint. Wer jetzt allerdings personelle oder inhaltliche Konsequenzen fordere, verkenne die Tragweite des Wahlausgangs und handelte kurzsichtig. "Ein Abweichen vom eingeschlagenen Weg führt letztendlich ins poltische Aus", heißt es in einer Stellungnahme der Landesvorsitzenden gegenüber der JUNGEN FREIHEIT.

Von einem "schweren Verlust" für die Gesamtpartei spricht auch der bayerische Landesvorsitzende Johann Gärtner. Er verweist auf die verschiedenen Konzeptionen der Republikaner bei den Kommunalwahlen in Hessen am 18. März und den beiden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg eine Woche später; keine davon war erfolgreich. Deshalb ist für den Landesverband Bayern klar, so Gärtner, daß Schuldzuweisungen verfehlt seien. Wichtig sei es jetzt, über neue Konzeptionen zu versuchen, "die mediale Sperrmauer zu durchbrechen, um der enormen Diskriminierungskampagne gegen Rechtskonservative entgegenzuwirken", teilte Gärtner auf JF-Anfrage mit.

"Kurs halten" lautet auch im Saarland die Parole. Eine konservative Partei zeichnet sich nach Auffassung des Landesvorsitzenden K.W. Weiss auch dadurch aus, "daß sie in schwierigen Zeiten und nach Wahlniederlagen zusammenhält". Gerade in der stetig sinkenden Wahlbeteiligung sieht er eine Chance für seine Partei, wenn es den Republikanern gelingt, "diese Unzufriedenen wieder zur Wahlurne zu bewegen".

In Niedersachsen heißt es mit Blick auf den Wahlausgang im Südwesten, das "Trommelfeuer" des letztes Jahres habe seine Spuren bei Wählern und Mitgliedern hinterlassen. Die Aufmerksamkeit der Landespartei gelte jetzt den Kommunalwahlen in Niedersachsen am 9. September, bei denen es keine Fünf-Prozent-Hürde gibt. In einem Rundschreiben an alle Funktionsträger zeigt sich Landesgeschäftsführer Volker Möhrig zuversichtlich, daß die Partei überall dort, wo sie antritt, auch gewählt wird.

Alle vier Landesverbände machten gegenüber der JUNGEN FREIHEIT auch deutlich, daß sie an Rolf Schlierer als Bundesvorsitzendem festhalten wollen. Der 45jährige Rechtsanwalt und Arzt führt die Partei als Nachfolger Franz Schönhubers seit 1994. Unterstützung erfährt Schlierer auch von seinem bisherigen Fraktionskollegen Alfred Dagenbach, der zugleich Vize-Parteichef in Baden-Württemberg ist. Der von dem Stuttgarter Anwalt Christian Käs geführte Landesverband ist in Gegner und Anhänger Schlierers gespalten, die Stärkeverhältnisse sind nur schwer auszuloten. Nicht auszuschließen ist, daß es in den nächsten Wochen zu einer Konfrontation kommt.

Darauf könnte ein Brief des Bundesgeschäftsführers der Republikaner, Gerhard Tempel, hindeuten. In dem Schreiben an Funktions- und Mandatsträger, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, weist Tempel die Verantwortung für den Verlust der Wahl dem baden-württembergischen Landeschef Käs und dem Bezirksvorsitzenden von Nord-Baden zu. "Hier sind mit Fug und Recht sofortige Rücktritte zu fordern, um die Weichen wieder auf Erfolgskurs zu stellen", stellt Tempel unmißverständlich fest. Vor allem in Nord-Baden hätten die Republikaner den Wiedereinzug in den Landtag verspielt; beispielhaft nennt Tempel die schwachen Ergebnisse von Heidelberg (1,7 Prozent), Karlsruhe (2,4)und Ettlingen (2,8).

Unterdessen haben sich auch Parteilose zu Wort gemeldet. Der Initiator der "Deutschen Aufbauorganisation" (DAO), Alfred Mechtersheimer, sieht die Republikaner in die "Bedeutungslosigkeit" sinken. "Freilich wird auch für sie gelten, daß es leichter ist, eine Partei zu gründen, als sie mit Anstand zu beenden", schreibt der frühere Oberstleutnant a.D. und Bundestagsabgeordnete (für die Grünen, aber parteilos) Mechtersheimer in seinem Mitteilungsblatt Frieden 2000. Im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT trat er am Montag Gerüchten entgegen, daß sich seine DAO am 7. April als Partei gründen werde. Bei dem Treffen in Stuttgart handle es sich lediglich um eine Zusammenkunft von DAO-Interessierten.

Harald Neubauer, Herausgeber der rechten Monatszeitschrift Nation & Europa, macht neben der Medienkampagne gegen Rechts vor allem die fehlende "Bereitschaft zur öffentlichen Provokation" für das Scheitern der Republikaner verantwortlich. "Alle Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, daß nonkonforme, auf Kritik und Protest gegründetet Parteien von ihrer klar erkennbaren Distanz zum Regime leben", meint der ehemalige bayerische Landesvorsitzende und Generalsekretär der Bundespartei der Republikaner ebenfalls im Frieden 2000. Zwar gebe es nirgendwo Bedarf für eine bloße Krawall-Partei. Protestwähler legten allerdings Wert darauf, daß ihre Stimme von den Etablierten "als Ohrfeige" empfunden werde.

Den Republikaner-Abgeordneten in Stuttgart bescheinigt Neubauer, der von 1989 bis 1994 Europaabgeordneter war, eine gute Arbeit im Parlament geleistet zu haben. An der notwendigen Außenwirkung habe es jedoch gemangelt. "Anstatt die herrschenden Parteien unablässig zu attackieren und deren Versagen herauszustellen, bemüht man sich um den Nachweis eigener Ungefährlichkeit." Klare Konturen seien durch bunte Bilder ersetzt worden, kritisiert Neubauer.


 
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