© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/01 13. April 2001

 
Europas Seuche
von Christian Vollradt

Ohne Zweifel ist die Maul- und Klauenseuche, die derzeit aus Großbritannien über Frankreich und die Niederlande nach Deutschland überzuschwappen droht, ein Ernstfall. Hindernisse beim Versuch, die Seuche einzugrenzen, lassen frühere Entscheidungen in einem anderen Licht erscheinen: So zum Beispiel das 1991 von der Europäischen Union erlassene Impfverbot, aber auch den Wegfall von Kontrollen an den Binnengrenzen in der EU.

Obwohl Ministerin Künast gern verbal forsch auftritt, möchte sie nicht in Widerspruch zur EU-Kommission und zu ihren vierzehn Amtskollegen geraten. Daher schlägt sie lieber die Forderung der deutschen Bauern und einiger Landesregierungen nach einer bundesweiten Schutzimpfung in den Wind. Die Politik der EU, die an dem Impfverbot von 1991 festhält, folgt dem Interesse der Länder mit großem Fleischexport wie Frankreich oder Dänemark. Da im Fleisch geimpfter Tiere genau wie bei dem infizierter Tiere Antikörper nachweisbar sind, bestünde ein Ausfuhrverbot für Fleisch aus geimpften Beständen. Nur für Länder, in denen die Seuche bereits aufgetreten ist, werden begrenzte Impfungen erlaubt, wobei auch die dort geimpften Tiere später getötet und vernichtet werden sollen. Der eigentliche Sinn einer Impfung, die Prophylaxe, ist in einem solchen Verfahren nur noch eingeschränkt erkennbar. Obwohl Deutschland ein wesentlich geringeres Fleischexportvolumen hat, folgt man in Berlin einer in Brüssel diktierten Politik, die Massentötung für vernünftiger hält als Massenimpfung.


 
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