© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/01 13. April 2001

 
Zeitschriftenkritik: eigentümlich frei
Freude an Veränderung
Werner Olles

Welche Steuerschraube soll morgen angezogen werden? Welche neue Gesetzgebung zur Betriebsverfassung verschlimmbessert demnächst den in Deutschland ohnehin total reglementierten und überverwalteten Arbeitsmarkt? Wann wird die nächste Gebührenerhöhung für die diversen Haussender unsererer politischen Klasse vom "öffentlich-rechtlichen" Zwangs-Pay-TV fällig? Und können nicht die Bürger – ob beim staatlich verordneten Ladenschluß, bei der ruinösen Rentenzwangsversicherung oder bei der diktatorisch beschlossenen Abschaffung der D-Mark – für sich selbst und ihre Interessen besser entscheiden als die sich dreist und anmaßend in ihr Leben drängenden Politiker unterschiedlichster Couleur?

Diesen und ähnlichen Fragen widmet sich die im vierten Jahrgang nunmehr als Monatsmagazin erscheinende Zeitschrift eigentümlich frei mit dem programmatischen Untertitel "Freisinn – Eigensinn – Eigentum". Das zunächst vierteljährlich erscheinende Theorieorgan eigentümlich frei begann 1997 mit knapp fünfzig Abonnenten und hat sich inzwischen zu einer beachtlichen Publikation auf dem Meinungsmarktplatz entwickelt. Was Redaktion und Autoren eint, ist der Wille nach mehr persönlicher Freiheit und weniger Staat, nach mehr individuellem Eigentum und weniger kollektiver Gängelung. Man hat Bevormundung und Reglementierung satt, lehnt das widersinnige "Rinks-Lechts-Schema" ab und möchte sich zu denen gesellen, "die sich darauf freuen, an einem dynamischen, evolutionären und niemals endenden Veränderungsprozeß teilzunehmen".

Besonders konservativ hören sich derartige Töne sicher nicht an, und in dieses politische Spektrum wird man eigentümlich frei auch wahrlich nicht einordnen können. Vielmehr versteht man sich als eine "Stimme der Freiheit" und als "das Organ denkender Individuen". Dazu gehört dann auch, daß der angelsächsischen Tradition folgend "Ich" immer groß geschrieben wird. Ein Schelm, wer Schlechtes – sprich: Egoismus – dabei denkt. Aber gegen einen gesunden Egoismus dürften Libertäre wohl auch kaum etwas einzuwenden haben.

In seiner Startausgabe als Monatszeitschrift setzt sich eigentümlich frei vornehmlich mit dem Rinderwahn-Skandal auseinander. Dabei kommen die verschiedenen Autoren – darunter auch Michael Miersch ("Lexikon der Öko-Irrtümer") – zu erstaunlichen Ergebnissen. Als Ursache der Rinderseuche entlarven sie "Planwirtschaft, Bürokratie und Schlamperei", jene drei Übel, die überall dort auftauchen, wo Katastrophen zu beklagen sind. Die finanziellen Folgen dieses durch die bürokratische Agrarpolitik der dafür zuständigen über 400 Brüsseler Ausschüsse entstandenen Desasters tragen natürlich wie immer die braven Steuerzahler. Als Alternative empfiehlt Miersch dagegen eine konsequent "ökologische Marktwirtschaft", die jedoch nicht staatlicherseits verordnet, sondern von den Verbrauchern an der Ladentheke entschieden werden müsse. Werner Olles

 

Lichtschlag Medien und Werbung KG. Lerchenweg 55, 41516 Grevenbroich. Der Einzelpreis beträgt 9,80 Mark, das Jahresabo kostet 98 Mark


 
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