© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/01 20. April 2001


Geistiger Stillstand
von Werner Olles

Die Spekulationen über das Zustandekommen einer schwarz-grünen Koalition im Frankfurter Römer schießen zur Zeit in der Öffentlichkeit immer üppiger ins Kraut. Tatsächlich ist jedoch bisher nichts anderes geschehen, als daß die Kreisversammlung der Grünen ihrer Verhandlungskommission ein Mandat erteilt hat, "über ein Modell der wechselnden Mehrheiten zu verhandeln", denn "starre Koalitionen", wie Grünen-Fraktionschef Sikorski diese zu nennen pflegt, wären an der grünen Basis im Augenblick wohl nicht durchzusetzen

Kaum anders sieht es bei der Frankfurter CDU aus. Auch in der Union favorisiert man eindeutig "wechselnde Mehrheiten" und möchte vor allem auch die FDP in einem wie auch immer gearteten Bündnis mit im Boot haben. Die hat allerdings schon klargemacht, daß dieses nur um den Preis klarer "liberaler Inhalte" zustande kommen wird. Und die Grünen sträuben sich noch ziemlich heftig gegen Vereinbarungen mit der FDP. Allen drei potentiellen Partnern ist lediglich gemeinsam, daß sie gegen die von den Sozialdemokraten ins Spiel gebrachte Vier-Parteien-Koalition und auch gegen eine große Koalition aus CDU und SPD sind.

Wie die Sache also auch immer ausgehen wird, daß ausgerechnet Frankfurt am Main zur Bühne eines schwarz-grünen Experiments werden kann, ist schon eine kleine Sensation. Daß dies überhaupt realisierbar ist, zeigt aber auch, daß unter der Tünche wohlaufgeräumter Harmonie bei beiden Parteien geistiger Stillstand herrscht.


 
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