© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/01 18. Mai 2001

 
Johan Sauwens
Minister mit Rückgrat
von Mina Buts

Johan Sauwens sei Dank: Nach seinem Beschluß wird in den Amtsstuben der flämischen Gemeinschaft nur noch "ehrlicher Kaffee" aus dem Oxfam-Laden getrunken. Das gestiegene "moralische und ökologische Bewußtsein", welches der ehemalige flämische Innenminister damit bekunden wollte, muß er nun wohl auf niederem Posten ausleben, denn Sauwens hatte es gewagt, an der Jubiläumsveranstaltung des "Sint-Maartens-Fonds" teilzunehmen. Diese Organisation vertritt seit fünfzig Jahren die Interessen der bis heute noch nicht amnestierten flämischen Ostfrontkämpfer und Waffen-SS-Soldaten. Nach Bekanntwerden seiner aktiven Teilnahme – er soll sogar "Ich hatt’ einen Kameraden" mitgesungen haben – mußte er seinen Posten räumen. Sauwens behauptete zwar, er sei über den wahren Charakter der Veranstaltung im unklaren gelassen worden und habe diese verlassen, als die Forderung nach einer Wiederherstellung eines größeren Deutschland erhoben worden sei. Doch unglaubwürdig waren diese Äußerungen schon deshalb, weil Sauwens auf eine 25jährige Mitgliedschaft im Sint-Maartens-Fonds zurückblicken kann.

Dennoch wäre seine Partei, die immer noch mit dem Etikett des Nationalen behaftete Volksunie, bereit gewesen, eine öffentliche Entschuldigung des Ministers zu akzeptieren, wenn nicht der Vlaams Blok tags darauf eine Videoaufzeichnung präsentiert hätte, die den Minister begeisternd mitsingend zeigte. Um eine Regierungkrise abzuwenden, mußte Sauwens, gezwungen von den Koalitionspartnern in der flämischen Regierung, seinen Rücktritt einreichen. Dieses Vorgehen der Sozialisten, Liberalen und Grünen ärgerte die Volksunie so sehr, daß diese nun ihrerseits damit droht, wichtige Reformvorhaben platzen zu lassen.

An erster Stelle wäre hier der bis Juni zu verabschiedende "Lambermont-Pakt" zu nennen, bei dem nach dem Prinzip "Geld gegen Macht" die wohlhabende flämische Region die Region Brüssel mit etwa 100 Millionen Mark finanziell unterstützen soll, um im Gegenzug mehr Einfluß in den Brüsseler Stadtgemeinden und in dessen Regionalparlament zu erhalten. Das Verhalten der Koalitionspartner wird das Einlenken der Volksunie nicht eben fördern. Erschwerend kommt hinzu, daß ausgerechnet Sauwens als einer der wenigen in seiner Partei als Befürworter des Reformpaktes galt. Die vermittelnde Rolle, die der 1952 geborene Jurist trotz seines eher konservativen Standpunktes auch in anderen Bereichen übernahm, wird der Volksunie fehlen.

Aus seiner eigenen Meinung machte Sauwens nie einen Hehl. Die Reaktionen und Sanktionen seines Landes auf die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich hielt er für maßlos überzogen und ließ es sich nicht nehmen, auch weiterhin seinen Urlaub dort zu verbringen. Beobachter der politischen Verhältnisse sind sich einig, daß nur die am 1. Juli beginnenden EU-Ratspräsidentschaft der Belgier eine größere Staatskrise verhindert hat.


 
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