© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/01 01. Juni 2001

 
Musikalische Genüsse der kulinarischen Art
Soiree mit Liedern und anderen Leckerbissen: Rossini-Gala in Godesberger Redoute begeisterte das Publikum
Julia Poser

Nach dem Verlust des Titels "Bundeshauptstadt" versucht sich die "Bundesstadt" Bonn als Kultur- und Wissenschaftszentrum einen Namen zu machen. Besonders tritt dabei die Gesellschaft des Internationalen Bonner Presseballs hervor, die nicht nur einmal im Jahr eine rauschende Ballnacht ausrichtet, sondern auch kleinere, aber exquisite musikalische Kostbarkeiten anbietet wie ein Concerto Buffetto à la Rossini.

Daß bei Rossini vorzüglich gespeist wurde, ist bekannt. Tout Paris drängte sich zu seinen musikalischen Soireen, bei welchen der Maestro selbst seine "Pèchès de Vieillesse", seine Alterssünden, am Klavier vortrug und die Stars der Opèra seine Arien sangen. Wer von Madame Rossini zu so einem Abendessen geladen war, durfte sich glücklich schätzen.

Aber auch die dreihundert festlich gekleideten Besucher, die an einem warmen Frühlingsabend in den Rokoko-Saal der Godesberger Redoute zur Rossini-Gala kamen, erwarteten musikalische und kulinarische Genüsse.

Von der Mailänder Scala kamen die Mezzosopranistin Olivia Andreini und der Baßbariton Mauro Domenico Bufi sowie die Sopranistin Susanne Bufi. Das Kammermusikensemble der Rheinischen Solisten unter Gerd Winzer am Flügel begleitete das erlesene Terzett, das in hübschen, zur Partie passenden Kostümen auftrat. Winzer, ein Rossini-Verehrer, begann mit einer zündenden Interpretation von "La Danza". Dann brachten die Musiker einen Ausschnitt aus einer der "Sechs Sonaten für Streicher" des zwölfjährigen Rossini, die das künftige Genie schon erkennen ließen. "Hundsmäßig gespielt", meint Rossini damals. Jedoch an diesem Abend kam von den jungen Musikern der Satz stilsicher und in meisterlicher Form.

Die stimmtechnisch vertrackte Arie der Corinna "Arpe gentil" aus "Il Viaggio a Reims" sang Susanne Bufi mit lyrisch sanftem Sopran und schwebend leichter Süße, Desdemonas Lied vom Weidenbaum ("Assisa a pie d’un salice") aus "Otello" brachte die Sängerin in innig beseelten Tönen und berückend schönen Piani. In den Ausbrüchen ihrer Todesangst steigerte sie sich in leidenschaftlicher Weise. Eine großartige Leistung! Olivia Andreini begann mit dem Rezitativ des Tancredi "Oh patria", das in das schmerzlich glühende "Di tanti palpiti" ("Mit pochendem Herzen") überleitet. Die ausnehmend schöne und geschmeidige Stimme klang in der berühmte Phrase "Mi rivedrai – ti rivedro" ("Du wirst mich wiedersehen – ich werde dich wiedersehen") wie ein Glockengeläut. Daß Olivia Andreini auch ein komisches Talent hat, bewies sie in einer Arie aus "L’Italiana in Algeri" und besonders im Duett mit dem auch mimisch begabten Mauro Bufi "Ai capricci della sorte" ("Launen des Schicksals"). So charmant wurde wohl noch kein lästiger Verehrer behandelt. Seine sonore Stimmgewalt konnte Bufi in der Verleumdungsarie aus dem "Barbiere di Siviglia" zeigen. Ein Kabinettstückchen war dann die Arie des Don Magnifico aus "La Cenerentola" ein eleganter Baßbariton mit vollem Klang, eloquenter Diktion und in rasantem Tempo gesungen. Magnifique!

Das begeisterte Publikum warf zum Dank sogar Blumenschmuck auf die Bühne. Rossini hätte seine Freude an dieser Soiree gehabt. Julia Poser


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen