© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/01 08. Juni 2001

 
Meldungen

Lange Studienzeiten heben Bildungsniveau

BERLIN. Zum Negativimage der deutschen Hauptstadt zählt die Stammtischweisheit, daß dort die Studenten vom Erstsemester nahtlos in die Frührente gleiten. Tatsächlich benötigen die auf drei große Universitäten verteilten gut 100.000 Studenten in vielen Fächern mehr Semester als anderswo. Vor allem Hochschulen in Mitteldeutschland und südlich des Weißwurstäquators bilden Studierende schneller aus. Da der mit seiner Finanzmalaise kämpfende Senat die Mittelzuweisung künftig nach leistungsabhängigeren Indikatoren vornimmt, dürfte dies Konsequenzen für die Hochschuletats haben. Die Vizepräsidentin der FU, Gisela Klann-Delius, kündigte darum jetzt organisatorische Verbesserungen wie die Straffung der Prüfungsabläufe an (FU-Nachrichten 5/01). Von rigorosen Praktiken wie etwa an der TU Dresden, wo nach 13 Semestern ohne Abschluß die Zwangsexmatrikulation erfolgt, will sie aber nichts wissen. Denn angelsächsische Kollegen hätten "neiderfüllt" zugestanden, daß langen Studienzeiten die große Zahl "umfassend gebildeter junger Leute" zu danken sei, die das verschulte US-Hochschulsystem nicht hervorbringe.

 

Selbstverwirklichung beim Auslandsstudium

MÜNCHEN. Fast die Hälfte aller Studenten, die für einige Semester ins Ausland gehen wollen, haben kaum eine Vorstellung von den konkreten Studienzielen und -möglichkeiten. Dies ermittelte eine Untersuchung des Bayerischen Staatsinstituts für Hochschulforschung und Hochschulplanung (Beiträge zur Hochschulforschung 1/01). Als Hauptgrund für die Durchführung eines studienbezogenen Auslandsaufenthalts werde eine Verbesserung der Sprachkenntnisse angeben. Nur acht Prozent der Befragten gaben an, die Kultur ihres Gastlandes kennenlernen zu wollen. Insgesamt würden weniger studienbezogene Zielsetzungen die Auslandsreise motivieren. Primär ginge es um die "Verwirklichung persönlicher Intentionen".

 

Einwanderung als Schicksal des Wingolfs

GLADBECK. In den Wingolfsblättern (Heft 1/01), dem im 120. Jahrgang erscheinenden Organ der protestantischen Studentenverbindung Wingolfsbund, wird eine Ende 2000 begonnene Diskussion über "Selbstverständnis und Identität der BRD" zum Thema "Vaterland und Nation" fortgesetzt. Dieter Müller teilt dabei harte Schläge gegen den angeblich ethnozentrisch argumentierenden Dachverband der protestantischen Korps aus. Schneidig dekretiert Müller: "Einwanderung ist das Schicksal Europas und damit auch das des Wingolfs". Argumentationshilfe für sein Plädoyer holt sich Müller bei Jan Ross und Robert Leicht, deren Zeit-Artikel der Verfasser weitgehend übernimmt.

 

US-Liberalismuskritik stört Verfassungsschützer

SANKT AUGUSTIN. Die US-amerikanische Denkschule der "Kommunitaristen" ist bekanntlich seit zwei Jahrzehnten bemüht, den hegemonialen politischen Liberalismus im eigenen Land einzudämmen. Diese moderate Sozialphilosophie, die die Gemeinschaftswerte in den Vordergrund ihres Politikverständnisses rückt und kulturübergreifenden Moralideen wie dem universellen Geltungsanspruch der Menschenrechte skeptisch gegenübersteht, ist für Armin Pfahl-Traughber, Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz, schon eine Bedrohung für die "offene Gesellschaft". Im FDP-Theorieorgan liberal (1/01) warnt der Verfassungswächter vor der "bedenklichen geistesgeschichtlichen Tradition", in der diese Liberalismuskritik stehe. In ihrer Orientierung an konkreter Gemeinschaft ignorierten die Kommunitaristen "die Gerechtigkeit als gemeinsames Erbe der Menschheit".


 
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