© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/01 08. Juni 2001

 
JF intern
Gesicht zeigen!

Wolfgang Thierse wäre entsetzt, säße er auch nur einmal für drei Tage in der Interview-Redaktion der JUNGEN FREIHEIT. Nix ist‘s mit "Männerstolz vor Königsthronen", nix mit Zivilcourage, nix mit "Gesicht zeigen" in Deutschland. Zwar erhält die JF inzwischen schon Anrufe aus dem Bundestag mit der Bitte, unserer Zeitung ein Inteview geben zu dürfen, dennoch werden auch immer wieder gegebene Interviews aus politischen Gründen zurückgezogen. Die Ausreden dabei machen einem klar, warum es 1933 in Deutschland soweit kommen und warum es in Mitteldeutschland nach 1945 munter so weitergehen konnte. Manch einer gibt nach Erhalt der Ansichtsexemplare offen zu: "Tolle Zeitung! Aber in diesen Zeiten? Halten Sie mich nicht für feige, aber heutzutage man muß vorsichtig sein." Den Vogel schoß nun jüngst unser Interviewpartner zur "Weißen Rose" ab. In einer Nachtsitzung wird der Text bearbeitet und vorgelegt. Da fällt dem Akademiker auf: die JUNGE FREIHEIT ist nicht die Junge Welt! Er zieht zurück, aus Angst, wie er sagt, für das Gespräch mit uns "diffamiert zu werden". – Dämmert es ihm gar nicht? Gerade haben wir zwei Stunden über freie Meinung und Zivilcourage gesprochen. Ob er sich künftig schämt, wenn er an die Geschwister Scholl denkt? Moritz Schwarz


 
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