© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    24/01 08. Juni 2001

 
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Erol Stern

"Wenn ein Anzug abgetragen ist, dann beginnt seine Glanzzeit." (Heinz Rühmann). Ich habe es getan! Mit dem alten Zweireiher konnte ich mich schließlich nicht mehr unter die Leute wagen. So begab ich mich also zu einer großen Bekleidungskette, von Kennern der Szene liebevoll "Création Asociale" getauft. Es war sogar ein Verkäufer zur Stelle. Der reichte mir gleich zwei fesche Anzüge, die zwar rein technisch paßten, mich aber mit meinen breiten Schultern tatsächlich wie einen Landstreicher aussehen ließen. Doch plötzlich war der Verkäufer weg, und so fuhr ich gefrustet zu einem kleinen Händler, der Designeranzüge preiswert und mit exzellenter Beratung offeriert. Dort erwarb ich einen edlen Zwirn; der paßte auf Anhieb – sogar das Preisschild! Das Anprobieren ist bei Bestellungen jedoch ein Problem, egal ob per Katalog oder Internet. Dieser Thematik hat sich nun der Otto-Konzern, auch online führendes Versandhaus, angenommen. Dort kann man neuerdings die Kleidungsstücke durch Avatare anprobieren lassen, je nach eigener Figur darf man sich eine passende "Person" aussuchen. Auf Wunsch scannt Otto auch das eigene Konterfei ein. So sollen Rückläufer wegen falscher Größen reduziert werden, was den Preisen zugute kommt. Bei legerer Freizeitkleidung mag die Methode funktionieren, aber bei Anzügen? Meinen lächerlichen Anblick mit den ausgebeulten Oberarmen vergesse ich jedenfalls vorerst nicht, und Bestellkäufe ohne richtige Beratung waren noch nie mein Ding. Darum kaufe ich wie unsere Großeltern: bei Menschen. So läuft´s Business, meint Euer eROL STeRN


 
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