© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/01 22. Juni 2001

 
Wolfgang Berghofer
Ein Genosse hilft der CDU
von Paul Leonhard

Wenn am 24. Juni die Dresdner zu den Stichwahlen ihres Stadtoberhauptes schreiten, dann haben sie auch die Wahl zwischen einem Mann des Aufbruchs vom Oktober 1989 und einer Persönlichkeit, die für das Dresden der SED-Diktatur steht.

Der in Bautzen geborene Berghofer galt als disziplinierter Parteisoldat. Nach Maschinenbauerlehre und Sportstudium wurde er als Nachwuchskader zur Jugendhochschule "Wilhelm Pieck" geschickt. Anschließend leitete er die für Westreisen zuständige Stelle beim FDJ-Zentralrat. Als Berghofer 1986 auf Weisung der Berliner SED-Zentrale sein Amt in Dresden antrat, kam frischer Wind ins Rathaus. Trotz Rückendeckung von SED-Bezirkschef Hans Modrow erreichte auch Berghofer nur wenig, zu marode war die wirtschaftliche Situation. Berghofer blieb ein getreuer Genosse, der im Mai 1989 folgsam die Kommunalergebnisse fälschen ließ, bis die von der Partei gewünschten Ergebnisse erreicht waren. Im Oktober 1989 ließ sich Berghofer zwar als einer der ersten SED-Funktionäre auf ein Gespräch mit Demonstranten ein, aber nur, um seiner Partei die Macht zu sichern. In Verkennung seiner wahren Rolle während der friedlichen Revolution feierte ihn die Westpresse als "Bergatschow". Berghofer war ein Reformer allein zum Wohl seiner Partei.

Nach den ersten freien Kommunalwahlen mußte Bergatschow die Rathausschlüssel an Herbert Wagner übergeben. An jenen CDU-Politiker, der es in den vergangenen elf Jahren trotz Widerständen und Blockaden aus dem lange Zeit von Rot-Rot-Grün dominierten Stadtrat schaffte, Dresden ohne Skandale zu einem neuen Aufschwung als High-Tech-Standort zu führen.

Über seinen Antritt bei den Kommunalwahlen 2001 wurde lange spekuliert. Mehrfach änderte Berghofer seine Meinung. Nach dem ersten Wahlgang am 10. Juni, bei der keiner der Kandidaten die absolute Stimmenmehrheit erzielen konnte, erklärte er nun überraschend doch noch seine OB-Kandidatur. Damit hat Berghofer Spekulationen ausgelöst, seine Bewerbung stehe im Zusammenhang mit dem schlechten Abschneiden des CDU-Amtsinhabers. Dieser unterlag dem von allen anderen Parteien unterstützten Herausforderer Ingolf Roßberg (FDP). Die Bewerbung Berghofers könnte Roßberg PDS-Stimmen kosten und so der CDU die Macht sichern. Berghofer wiederum soll für diese Gefälligkeit angeblich mit der Vermarktung eines Grundstückes entschädigt werden. Indizien dafür: ein Treffen am 28. März im Berliner Hotel "Adlon" zwischen Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und Berghofer, bei dem es offenbar um Berghofers politische Zukunft ging. Drei Wochen später äußerte Berghofer in einem Zeitungsinterview: "Wenn Wagner die Wahl gewinnt" und sagt, man brauche dringend einen "hochkarätigen Investor mit einer modernen Gestaltungsidee für das Ostragehege, dann würde ich das in Angriff nehmen". Seit diesen Äußerungen und seiner Kandidatur gilt er selbst vielen Sympathisanten im Umfeld der PDS, die ihn bisher als "Held der Wende" feierten, als "Charakterschwein".


 
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