© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/01 22. Juni 2001

 
Erneuerung und Abwehr
Pfarrer Alexander Evertz, Mitbegründer der Evangelischen Notgemeinschaft, ist im Alter von 94 Jahren gestorben
Klaus Motschmann

Einer der letzten maßgebenden Repräsentanten des kirchlichen Konservatismus ist – wie erst jetzt bekannt wurde – am 7. Juni im Alter von 94 Jahren verstorben: der Dortmunder Pfarrer i.R. Alexander Evertz, Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender der Evangelischen Notgemeinschaft in Deutschland.

In Büchern wie "Der Abfall der evangelische Kirche vom Vaterland" (1964), "Die evangelische Kirche und die Revolution von links" (1968) oder "Alarm in der Kirche" (1968) beklagte Evertz die Tatsache, daß sich die notwendige geistige und theologisch-kirchliche Erneuerung nach 1945 in zunehmendem Maße an sozialistischen Ordnungsvorstellungen orientierte und immer weniger an der Abwehr ideologischer Einflüsse auf den Prozeß der innerkirchlichen Willensbildung in den Synoden, Akademien, kirchlichen Medien, Fakultäten usw.

Seit den 1960er Jahren engagierte Evertz sich kirchenpolitisch unter dem Motto "Erneuerung und Abwehr – Kirche muß Kirche bleiben". Zusammen mit anderen Pfarrern und Laien gründete er die Notgemeinschaft evangelischer Deutscher, die sich 1971 in Evangelische Notgemeinschaft in Deutschland umbenannte. Letzter Anstoß für diese Gründung war die sogenannte Ostdenkschrift der Evangelischen Kirche in Deutschland von 1966, mit der aufgrund höchst umstrittener theologischer Erklärungen zur deutschen Schuld der erste Schritt zur freiwilligen Preisgabe der nationalen Einheit getan wurde. Trotz aller Denunziationen und Verdächtigungen, denen Alexander Evertz und mit ihm die Notgemeinschaft fortan ausgesetzt waren, hat er in Wort und Schrift, mit Rat und Tat in den Jahren der Spaltung das Bewußtsein für die Einheit Deutschlands wachgehalten und damit die Hoffnung auf die Vereinigung.


 
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