© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/01 06. Juli 2001


Hauptsache entschuldigt
von Alexander Barti

Nach stundenlangen Diskussionen hat sich der Vorstand der PDS zu einer Erklärung durchgerungen, in der die Berliner Mauer als inhuman und undemokratisch gebrandmarkt wird. Für die alten SED-Kader geht die Entschuldigung zu weit, sie wollen der DDR nicht nachträglich ins Gesicht spucken. Andere, vor allem Vertreter der CDU und Opferangehörige, werfen der PDS vor, sie habe nicht explizit um Vergebung gebeten. Doch was hätte eine Entschuldigung gebracht? Es geht sowieso nur um einen Persilschein für eine Koalition mit der SPD! Und Müntefehring reicht schon die jetzige Erklärung.

Vergebungsbitten und tausendfache Entschuldigungen sind Gesten, aber sie ändern nichts an der Vergangenheit, vor allem weil man stets bezweifeln kann, ob sie ernst gemeint sind. Noch grotesker werden kollektive Vergebungsbitten, wenn sie von Leuten verlesen werden, die an dem Unrecht – zum Beispiel aufgrund ihres Alters – nicht beteiligt waren. Dies gilt nicht nur für den Mauerbau, sondern auch für andere Phasen der deutschen Geschichte.

Trotzdem ist die Erklärung der PDS von Bedeutung, denn sie zwingt zur Auseinandersetzung mit kommunistischen Verbrechen – und zeigt einmal mehr den Sanftmut der Gesellschaft, wenn es um die Linke geht. "Historische Vorgänge erfordern Lehren, keine Entschuldigungen", kommentierte PDS-Ehrenvorsitzender Hans Modrow das Papier seiner Partei. Welcher Politiker würde es wagen, in gleicher Weise über die NS-Zeit zu sprechen!


 
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