© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/01 06. Juli 2001

 
Das Rätsel im Kanzleramt
von Gero Brandes

Nur wenige Tage nach dem Treffen zwischen Bundeskanzler Schröder und FDP-Chef Westerwelle hat am vergangenen Montag wieder ein prominenter Freidemokrat im Kanzleramt vorbeigeschaut. Diesmal war es FDP-Vize Möllemann, der in einem einstündigen Gespräch mit Schröder Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Spitzenpolitiker erörterte. Parteichef Westerwelle bezeichnete demonstrativ gelassen sein zweistündiges Stell-dich-ein im Kanzleramt als "Fortsetzung der Gespräche zwischen dem Bundeskanzler und führenden Vertretern der FDP"; seine Erklärung mag man noch annehmen. Aber warum ausgerechnet Möllemann, ein Landespolitiker, angeblich völlig uneigennützig mit dem Kanzler Geheimtreffen ausmacht, bleibt ein Rätsel.

Schon vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl 2000 sorgten Geheimtreffen zwischen Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) und dem damaligen Acht-Prozent-Mann für Aufruhr in den Medien und für schlaflose Nächte bei so manchem Funktionär der Grünen. Nachdem Möllemanns FDP-Fraktion Mehrheitsbeschaffer für den Vorschlag, embryonale Stammzellen zu importieren, war und so die Zustimmung der skeptischen Grünen überflüssig machte, stehen die Zeichen im Düsseldorfer Landtag mehr und mehr auf Rot-Gelb. Und nach den nächsten Landtagswahlen in Berlin und Hamburg könnten die Liberalen für die SPD ein verläßlicherer Partner sein als die Grünen, die offensichtlich immer mehr an Profil, Gesicht und Geduld verlieren.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen