© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/01 06. Juli 2001

 
Paradies für Kiffer
Schweiz: Die Eidgenossenschaft entwickelt sich mit Regierungssegen zum Haschisch-Exportland
Ulrich Schlüer

Die Laisser-faire-Haltung der Behörden hat dazu geführt, daß heute in keinem Land Europas so viel Haschisch und Marihuana produziert wird wie in der Schweiz. Entsprechend groß sind die Rauschgiftmengen, die über die Grenzen in die Nachbarländer geschmuggelt werden. Über diese Entwicklung machen sich die dortigen Polizei- und Zollbehörden Sorgen.

Nicht erst seit sich die heute 37jährige Bundesrätin und Schweizer Justizministerin Ruth Metzler-Arnold von der Christlichdemokratischen Volkspartei am 25. April 2000 in einem Zeitungsinterview für die Legalisierung des Cannabis-Konsums aussprach und seit der Bundesrat im Oktober letzten Jahres entschied, den Hanf-Konsum künftig erlauben zu wollen, gilt die Schweiz als Paradies für Haschisch- und Marihuana-Konsumenten. Die in der "Schweizer Hanfkoordination" organisierte Cannabis-Lobby geht davon aus, daß in der Schweiz im vergangenen Jahr auf rund 200 Hektar mindestens 2.000 Tonnen Drogenhanf produziert worden sind. Dies ermöglichte die Herstellung von über 20 Tonnen Haschisch und Marihuana. Damit ist die Schweiz zum größten Hanfproduzenten Europas geworden, größer sogar als Holland. Die "Eidgenössische Kommission für Drogenfragen" spricht denn auch von einem Anbau des Drogenhanfs in "industriellem Ausmaß". Die zuständigen Behörden greifen trotz des Cannabis-Verbots nur selten ein. Die Haschisch-Euphorie ist schon so weit gediehen, daß an der Expo.02-Arteplage in Yverdon-les-Bains ein "Hanfhügel" angepflanzt werden soll.

Die für "Haschisch-Drögeler" paradiesischen Zustände in der Schweiz haben einen blühenden Einkaufstourismus für Cannabis-Produkte entstehen lassen. Kiffer in ganz Europa wissen, daß sie hier besonders leicht an ihre Drogen kommen. Gemäß Bundesamt für Polizei werden aus der Schweiz "Drogenhanfprodukte in größerem Umfang ins Ausland exportiert". Die Zollbehörden der umliegenden Länder haben eine massive Zunahme der Personen festgestellt, die Marihuana und Haschisch illegal über die Grenze schmuggeln wollen.

Diese Haltung der Schweizer Behörden gegenüber Cannabis und der Aufstieg der Schweiz zum größten Hanfproduzenten Europas haben in der internationalen Fachwelt Besorgnis ausgelöst. Deutliche Kritik an der eidgenössischen Drogenpolitik äußerten Drogenexperten der "Arbeitsgruppe Südwest", einer internationalen Arbeitsgruppe zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels, die sich kürzlich in Wangen im Allgäu zu einer Tagung versammelt hat. Gemäß Angaben der Vertreter Deutschlands, Frankreichs und Österreichs wurden bei aus der Schweiz kommenden Personen noch nie so viele Cannabis-Produkte beschlagnahmt wie im ersten Quartal 2001.


 
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