© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/01 13. Juli 2001

 
WIRTSCHAFT
Fachkräftemangel wegen Bildungsdefizit
Bernd-Thomas Ramb

Kritische Bildungspolitiker hatten seit Jahrzehnten vor den Langzeitschäden der desolaten Schul- und Hochschulpolitik gewarnt. Nun zeigen sich die ersten Anzeichnen einer fatalen Situation: Allerorten fehlt es in der EU an Fachkräften. Ursache ist ein zunehmend schwächeres Bildungsniveau. Wie eine Untersuchung der Wirtschaftsprüferorganisation Grant Thornton ergab, fehlen den Jugendlichen elementare Grund- und Spezialkenntnisse, möglicherweise eine Folge der Schul- und Bildungssysteme, wie die Analysten vorsichtig formulieren. Weiterhin wird moniert, daß den Jugendlichen die Möglichkeit einer frühzeitigen Orientierung auf den späteren Beruf fehle. Eine vornehme Umschreibung für die Orientierungslosigkeit großer Teile der Spaß-Generation schlechthin. Klare Berufswünsche könnten sich bei entsprechender Erziehung auch heutzutage früh herauskristallisieren, auch wenn gemahnt wird, die lebenslängliche Ausübung des gleichen Berufs sei in der modernen Arbeitswelt kaum durchsetzbar.

Der größte Mangel aber wird im scheinbar unaufhaltsamen Untergang der Vor- und Ausbildung in mathematischen, naturwissenschaftlich-technischen Fächern gesehen. Deutschland zeigt dabei im Europa-Vergleich (vor allem im Gegensatz zu Mittelosteuropa) besonders gravierende Defizite, die insbesondere die mittelständischen Firmen belasten. Fachpersonal ist kaum mehr zu finden, der Nachwuchs immer dünner gesät. Gerade der ingenieurwissenschaftliche Bereich aber war bislang eine deutsche mittelständische Domäne, deren internationale Anerkennung die deutschen Exportrekorde ermöglichte. Sollte dies künftig einbrechen, ist eine schwere strukturelle Rezession der deutschen Wirtschaft unabwendbar. Es ist fast schon zu spät für eine sofortige Bildungsoffensive.


 
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