© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/01 20. Juli 2001

 
Die Auflösung der Geschlechter
von Ellen Kositza

Als sich kürzlich Alt- Emanze Alice Schwarzer und Me dienstar Verona Feldbusch in einer TV-Runde ein Rededuell lieferten, gab es von der Bild-Zeitung (die noch Wochen später davon zehrte) bis zur Berliner Zeitung kaum eine Tagesblatt, das sich einen Kommentar verkneifen wollte. "Brain trifft Body", hieß es bereits im voraus, worauf Feldbusch, letztlich als Siegerin des Schlagabtausches gefeiert, gekontert hatte, sie wisse gar nicht, daß Schwarzer einen so vorzüglichen Körper habe. Mit der Gegenüberstellung der überzeugten Feministin, die die Popularisierung der Abtreibung als eines ihrer Verdienste verbucht, auf der einen Seite und dem herausgeputztem Weibchen auf der anderen sollten zwei Extreme weiblicher Lebensentwürfe und ihre Begründungen vorgeführt werden.

Feldbusch, das "Phänomen", versäumt in kaum einem Interview, auf ihre potentielle Mütterlichkeit hinzuweisen, auch letzthin bei "Kerner" nicht: Viele Kinder wolle sie haben; Mutterschaft statt Karriere und Emanzipation als das eigentlich Erstrebenswerte. Tatsache ist, daß Feldbusch 33 Jahre ist (Schwarzers Häme: "Die ist schneller 58, als sie denkt"), und von einer ersten der ursprünglich geplanten fünf Schwangerschaften keine Spur.

In dieser Konsequenz hebt sich der zunächst gewaltig scheinende Gegensatz zweier vollkommen konträrer Frauenbilder also zunächst auf. Sowohl das hochhackig-prallbusige Pseudo-Dummchen als auch die Vorzeigeemanze fungieren als role-models, als Vorbilder mit Massenwirkung, des späten Feminismus. Dazu paßt, daß die aktuelle Emma als deutschlandweit konkurrenzloses Hauptorgan feministischen Diskurses mit genau diesem Thema titelt: "Gebärstreik – Sterben die Deutschen aus? Warum Frauen immer weniger Kinder kriegen". Die Schlagzeile ist so reißerisch wie verlogen, in Wahrheit kümmert Schwarzer & Co weder das Aussterben des deutschen Volkes, noch gebrauchen sie das Wortfeld "Mutterschaft" im positiven Sinne, außer wenn es semantisch abgedeckt ist durch Konzepte der Selbstverwirklichung und außerfamiliäre Zusammenhänge. Virulent ist die Angelegenheit , allerorten immer wieder beliebtes Titelthema, ja dennoch. Die Frage, ob eine Reduktion europäischer Bevölkerungen tatsächlich eine "Gesundschrumpfung" wäre – sie verläuft ja nicht als selektiver Vorgang – einmal beiseite gelassen: Worin wurzelt die schwindende Bereitschaft zum Muttersein? War es tatsächlich und maßgeblich die Frauenbewegung der siebziger Jahre, die uns dies unfruchtbare Ei legte, das mit staatlich geregelter Abtreibung und der pillemanipulierten Frau dann widernatürliche Blüten trieb? Ist es – Lieblingsthese der Konservativen – die mangelnde gesellschaftliche Anerkennung des "Berufs Mutter", die sich, positiv gewandt, finanziell als Hausfrauengehalt oder verdoppeltes und ausgeweitetes Erziehungsgeld niederschlagen müßte? Ist es – aktuell frauenpolitische Lieblingsthese – die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Die Unwilligkeit der Väter zum demokratisch geteilten Erziehungsauftrag?

Natürlich hat das politische Taktieren mit einem pekuniären Anreiz seinen Grund und seine Berechtigung, wenngleich einer finanziell ausgerichteten Erwägung hin zum Zweitkind eine gewisse Würdelosigkeit ja nicht abzusprechen ist. Das eben ist Reproduktionspolitik. Die Rechnung aber ist zu simpel, um sie leugnen zu können, aus Doppel- werden im Kinderfall zunächst Einzelverdiener, von der boomenden Alleinerziehendengruppe ganz zu schweigen. Zusätzlich kosten Kinder – sowieso, und schon gar, wenn der Sprößling etwas gelten soll im kindlichen Freundeskreis und späterhin in der Erwachsenenwelt: Einzelzimmer mit Lerncomputer ab dreieinhalb, Markenkleidung, Ballett- und Tennisunterricht, Zweitwagen für die Chauffeurin, Urlaub hin und wieder. Armutsrisiko Kind, ein Schlagwort, dem in naher wie ferner Vergangenheit eine Entsprechung fehlte. Nie waren Kinder so teuer wie heute. Dennoch: kein Mütterlohn wäre hoch genug, eine markante Trendwende einläuten zu können. Ähnliches gilt für familienpolitische Bestrebungen, die mit flexibler Teilzeit, Jobsharing, Betriebskindergärten und Ganztagsschulen dem Kindermangel begegnen wollen – dies alles wirkt bestenfalls konsolidierend, wie die vielzitierten und allseits hochgelobten Beispiele Skandinavien und Frankreich zeigen, wo trotz eines kurzfristigen und bereits wieder abgeflauten Geburtenanstiegs die 1,8-Kinder-Marke pro Frau nicht überschritten wurde. Dabei sind es drei Kinder, die eine konstante Bevölkerungszahl gewährleisten würden. Im übrigen wird wohl auch der Einwanderungstrick nicht wirklich fruchten, wie Experten anläßlich des jüngsten Uno-Bevölkerungstages betonten – auch Migranten, so zeige die Statistik, passen ihr Zeugungsverhalten schnell den herrschenden Verhältnissen an.

Daß der Feminismus selbst Schuld trägt am nun scheinheilig beklagten Gebärstreik und weiblicher Identitätskrise, ist ein bekanntes konservatives Argument. Schließlich ist solcher Zusammenhang offensichtlich.

Cora Stephan, hellsichtige Publizistin und sicher nicht rechts von der Mitte einzuordnen, hat gewiß recht mit ihrem Urteil, daß kein Projekt der Linken seit 68 so erfolgreich war wie die Frauenbewegung. Klar, die emanzipatorische Frauenbewegung ist’s, die all dies brachte, Pille, "Mein Bauch gehört mir", Karriere statt Kinder. Das schwerste Gewicht, das die Frau zu Boden ziehe, erklärte einst die feministische Pionierin Simone de Beauvoir, sei der Embryo, und solange es weder die perfekte Verhütung noch ein sanktionsfreies Recht auf Abtreibung gebe, bleibe die Frau Opfer ihrer biologischen Funktion und damit unmündig.

Der Feminismus, der die Normalfrau vielleicht nicht in seinen schrillsten Äußerungen, sondern in seinem Alltagsgesicht (wer ist schon ernsthaft gegen Gleichberechtigung?) erreichte, ist also Auslöser der selbstgewollten Kinderarmut, er ist aber gleichzeitig Reaktion und Konsequenz eines Lebens im Unnatürlichen.

So mag man die moderne Frauenemanzipation als Pendelausschlag sehen, der seinen Anlauf vor über 120 Jahren nahm, zur Zeit der industriellen Revolution, die das mit sich brachte, was als Degeneration der Männlichkeit gefaßt werden kann – das demokratisierte Bürgertum und seine Institutionen. Akademien, Ämter, Arbeit im Getriebe. Hier schon zerbrach die heile Welt mit Großfamilie, klar und einsichtig definierter Männlichkeit und Weiblichkeit, Rollen, die kein stupider Zwang, sondern schlüssige Notwendigkeit waren. "Des Mannes ist hier wenig", merkte da schon Nietzsche an, "darum vermännlichen sich ihre Weiber. Denn nur wer Mannes genug ist, wird im Weib das Weib erlösen." Natürlich mangelte es nicht an Versuchen der Kompensation für die strukturell reduzierte Männlichkeit, die so entstandene gesellschaftliche Brüchigkeit findet ihren Niederschlag in brodelndem Aufbegehren der nachwachsenden Generation, der jungen Männer vor dem Ersten Weltkrieg und, fast analog dazu, der Frauen nach den Kriegs- und Trümmerjahren in der Mitte des Jahrhunderts.

Arbeit in entfremdeten Zusammenhängen manifestierte sich als neue Normalität, der Mann als Rädchen im Getriebe von Fabrik und Dienstleistung, in Bankinstitut und Börse: Das alles kann auch ich, merkte frau und hatte ja recht damit. Warf Staubsauger und Waschmaschine an, kochte, wickelte, fütterte und merkte dabei, daß ihr Megaberuf (Erzieherin, Köchin, Krankenschwester, Psychologin, Chauffeurin usw., wie Mutterschaftsideologen wacker zu betonen nicht müde werden) sie im Nebeneinander ständiger Unter- und Überforderung nicht wirklich erfüllte. Dem hatte der Nachkriegsmann, der mit weichen Händen (Bürotätigkeit!) das Haushaltsgeld zuteilte und nicht nur durch seine Entfernung aus dem häuslichen Umfeld seinen Söhnen längst kein brauchbares Identitätsmuster zu liefern wußte, wahrlich wenig entgegenzusetzten. Hirnhälftenpolitik hin oder her: die alten Arbeitsfelder des Mannes als Krieger und Bauer gab es spätestens in den Fünfzigern nicht mehr und auch den Grund nicht, warum Universität und Erwerbsarbeit nicht massenhaft den Frauen offenstehen sollten. Die Struktur der Notwendigkeiten wurde im folgenden in einem wechselseitigen Prozeß aufgehoben, bis heute: So wertet der Kindermangel, der sich ja bereits jetzt in Bereichen als Arbeitskräftemangel darstellt, gleichzeitig die berufstätige Frau auf. Wenn Kanzler Schröder bekennt, "wir" könnten uns es nicht leisten, die "ungeheure Begabung der Frau" im Werktätigenleben nicht zu nutzen, dann ist dies keine frauenbewegte Einsicht, sondern schlichtweg wirtschaftlicher Zwang. Mittlerweile – die Alleinerziehendenpolitik, wiederum auf Zustände reagierend und sie zugleich fördernd, trägt dazu bei – brauchen Mann und Frau einander nicht mehr, um ihre jeweilige Existenz abzusichern. Im Zeitalter der Patchworkfamilie sind Kinder weder Kitt noch Verpflichtung und Auftrag, sondern nur noch jahrelanger Ballast für – meist – die Frau.

Es fehlt der triftige Grund, warum nicht die Frau so gut wie der Mann Daten archivieren, Seminare halten und in der Politik die Welt verändern sollte, während der Mann die ganz privaten Betreuungs- und Fahrdienste ausüben sollte. Die Folgen sind bekannt. Bleibt nur eines zu erledigen: die Biologie – so oder so, Verzicht auf Mann oder auf Kinder. Das eine ist die Vision und wohl nur sommerlochbedingt aktueller und heißdiskutierter Tageszeitungenfüller; die Nachricht, daß australische Wissenschaftler ein Verfahren entdeckt haben, das den Mann für den menschlichen Reproduktionsprozeß überflüssig machen könnte (Bild-Titel: "Gen-Forscher schaffen den Vater ab").

Das andere ist die bewußte Ablehnung der Mutterschaft. Zu gebären ist eine natürliche Bestimmung der Frau. Allein diesen nicht neuen Satz zu Papier zu bringen kostet Kraft, dutzendhafte Hinterfragung und ein Aufatmen über die Möglichkeit, per indefinitem Artikel zu differenzieren.

Ein gewöhnlicher Vorgang ist es längst nicht mehr, im Westen, das Gebären, es ist ein exklusives Ereignis, ein privates event von europaweit durchschnittlich anderthalbmaliger Häufigkeit. Es droht womöglich verlernt zu werden, schaut man auf den gewaltigen Anstieg von Schnittgeburten, die sich heutzutage fast allerorten ordern und planen lassen können. Brachten vor drei Jahrzehnten noch über 90 Prozent aller Frauen ihre Kinder aus eigener Kraft zur Welt und wurden Kaiserschnitte nur in begründeten Notlagen durchgeführt, wird heute bald 25 Prozent der Schwangeren unter Narkose der Säugling entnommen. In den USA findet bereits jede dritte Entbindung als Operation statt. Das Kind, derart planmäßig und technologisch aufwendig in die Welt gesetzt, ist Statussymbol geworden, welches man sich einfach, vielleicht zweifach, leistet. Mutter und Vater sind dabei eins geworden bei gleichzeitiger Liquidierung dessen, was einst Mütterlichkeit und Väterlichkeit meinten.

Der arte-Themenabend "Der Mann in der Krise" lieferte in der vergangenen Wochen mit den Tränen gleichsam hinwegtherapierter Männer ein beredtes Bild davon, wie unmöglich heute eigentlich die Legitimation originär männlichen Verhaltens ist. Männliche Werte verkörpern in der Informationsgesellschaft keinen Wert mehr, dem Mann und seinem Agieren als solcher ist die Selbstverständlichkeit genommen. Die Männerrolle, so Dietrich Schwanitz in einer ansonsten lähmenden Diskussion über Gerechtigkeit und Gefühl, ist ausschließlich sexuell noch wahrnehmbar. Männer, das bemerkte Otto Weininger vor hundert Jahren, sind "heute nahe dran, sich der weiblichen Wertung ihrer selbst zu fügen".

Es ist eine späte Konsequenz der Postmoderne, "Männlichkeit" und "Weiblichkeit" mit Michel Foucault als "historische Geschlechtskrankheiten", als längst obsolet gewordene Kategorien zu bezeichnen. Im heutigen feministischen Diskurs, der, vertreten durch ideologische Wissenschaftler wie die amerikanische Rhetorikprofessorin Judith Butler, durchaus akademisch geführt wird, wird der Sinn der Zweigeschlechtlichkeit, ja überhaupt die Existenz eines binären Systems geschlechtlicher Identität, schlichtweg geleugnet. Mithin lehnt die Soziologie ein Kriterium "Geschlecht" selbstredend als altbacken ab, unterscheidet vielmehr in, amerikanisch, sex, was die biologische und als solche grundsätzlich zu hinterfragende Ausstattung eines Menschen meint, und gender: die soziale, kulturell erworbene Rolle und damit eine variable Größe. Das ist kein Begriffsgeklapper, sondern eine längst durchgesetzte Sichtweise, betrachtet man etwa betreffende Arbeitsfelder nicht nur der Gemeinschaftskunde, sondern auch etwa der Linguistik, Pädagogik und Psychologie. So ist eine ursprünglich feministische These gleichsam unter der Hand interdisziplinär geworden, Männlichkeit wie Weiblichkeit gelten, soweit klassifizierbar, als im kulturellen Kontext erworbene Verhaltensnormen. In einschlägigen und nur scheinbar randständigen Medien wie eben der Emma hat das sogenannte gender-switching mittlerweile nicht mehr nur den Ruch des Subversiven, Revolutionären, sondern gar die Bedeutung gesellschaftlicher Notwendigkeit.

Der große run aufs Silikon, der seinen Höhepunkt längst nicht erreicht ha, und die plakativen Weibchen-Attribute, von denen der aktuelle "Tussen-Trend" zehrt, sind Ausweichmanöver, die von der immer populärer werdenden Androgynitätsmaschine nicht ablenken dürfen. Uni-Sex ist in, nichts cooler als ein Mädel im Blaumann, Männer riechen nach Parfüm, Lesben werden Mütter, schwule Schlagersänger, Sympathieträger der Rentnergeneration, adoptieren Kinder, und in bürgerlichem Gewand propagiert auch die Techniker Krankenkasse in ihrer Fitness-Broschüre "Lustvoll arbeiten" den geschlechtlich neutralisierten Menschen: "Androgynes Verhalten und Erscheinungsbild", so der ernste Ratschlag, "sind bei beiden Geschlechtern heute die beste Voraussetzung für Erfolg und Gesundheit".

Das ist Leben im Künstlichen, fügt sich nahtlos und zwangsläufig ein in die Welt des Scheinbaren, der Virtualität. Von der großen Lüge zum nur halb ironisch gebrochenen Hype, mit globaler PR-Maschinerie letztlich zum Entwurf der identitätsfreien role-models der Gegenwart und Zukunft. Das Unnatürliche als Wünschenswertes: Das beginnt mit den Chemieblondsträhnen und den Kunstlocken im Schwarzerhaar und endet nicht mit Veronas Busen, das Künstliche ist längst Struktur geworden, Lebensumfeld, Eckpfeiler des Alltags. Beschiß als Futter für eine Zeit und Menschen, die sich in der Unwahrheit einrichten, Kunstprodukte wie Lara Croft als verkehrt-androgynen Übermenschen als virtuose Virtualität verbrämen: Geschlechtsmerkmale werden hier nicht nivelliert, sondern statt dessen männliche und weibliche Attribute in einer Person auf die Spitze getrieben, scharf für Männer, okay (Amazone! Kämpferisch! Unerbittlich!) für die Feministin; der schöne neue Mensch als Ende der Kette. Die Auflösung der Geschlechter ist nicht mehr nur Programm exaltierter Theoretiker und Designer kultiger Comicfiguren, sie ist alltäglich im Gange.

Aber: was ist schon "natürlich", kann "historisch gewachsenes" sich nicht ebensogut historisch verformen, und sei es als Bruch, als Implosion, das wäre eben der unvermeidliche Tribut des elektronischen, des Medien- und Machbarkeitszeitalters, in dem Entwicklungen rasen und Manipulationen Regel sind. Und: was ist gut, was erhaltenswert oder rekonstruierbar, was wünschens-, was lebenswert? Ist es die außen heile Kleinfamilie der fünfziger Jahre mit ihren klaren Regelungen: festgelegt vom alljährlichen Urlaub in Bodenmais und dem nächsten Dauerwellentermin bis hin zum samstagabendlichen Geschlechtsverkehr? Die Gebärmentalität jedenfalls unterschied sich auch in den Vor-Pille-Jahrzehnten nicht wesentlich von der heutigen, die Nazifamilie eingeschlossen, in der die kinderscharumringte Mutter mehr Propagandabild denn Realität darstellte.

Wo scharf umrissene männliche Tätigkeitsfelder wegfallen, der Mann als identitätserschüttertes Mängelwesen agiert, werden Schwangerschaft und Geburt als absolut und exklusiv weibliche Aufgaben zu beinahe anachronistischen Sonderleistungen.

Jenseits der Linken, vor allem aber jenseits des politischen Tagesgeschäfts besteht hierzu offensichtlich kein Diskussionsbedarf. Man artikuliert sich rein defensiv. Das heißt: vom christlich-konservativen Spektrum, beispielhaft verkörpert durch Christa Meves, bis hin zu den Nationalisten der NPD-Zeitung Deutschen Stimme verharrt man unbewegt, bisweilen ressentimentgeladen auf überlieferten Stereotypen. Dem emanzipatorischen Extrem, als Frau werde man nicht geboren, zur Frau werde man gemacht, wird eine unflexible – dadurch nicht unwahre, wohl aber wehrlose – Absolutheit (Biologie! Anatomie! Tradition!) entgegengestellt, die sich, mehr oder minder sprachlos, auf einmal gewonnene Einsichten zurückzieht. Wem aber sollten Frauen heute Kinder gebären? Dem geschlechtsdemokratischen Geldverdiener und Wochenendpapa? Dem domestizierten Hausmann? Dem egomanischen Selbstdarsteller mit Muskeln aus Studioproduktion? Dem Rentensystem der Bundesrepublik Deutschland? Einem Generationenvertrag, der nicht mal als theoretisches Konstrukt mehr greift? Es ist ein Zeichen von Ignoranz und müder Sattheit, daß diese Fragen wertkonservativer Politik heute ferner stehen als politisch korrekt-beflissenes Nicken zu Frauenförderungsfinanzierung und freier Wahl der Abtreibungsmethode.

 

Ellen Kositza , 27, hat Deutsch und Geschichte studiert und arbeitet als Lektorin. Die langjährige JF-Autorin ist Mutter von drei Kindern.


 
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