© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/01 20. Juli 2001

 
Leserbriefe

Zu: "Manfred Brunner widerspricht Heiner Kappel" von Moritz Schwarz, JF 28/01

Meilenstein gesetzt

Die Auseinandersetzung zwischen dem BFB-Gründer Manfred Brunner und Heiner Kappel zeigt nur zu deutlich, wie sehr das Scheitern des freiheitlichen Projektes den Protagonisten von damals noch schmerzt. Heiner Kappel sollte jedoch bei den Fakten bleiben.

Schließlich gehörte er ab Januar 1998 dem BFB-Präsdium an und war an maßgeblicher Stelle an dem finanziell und organisatorisch desaströs verlaufenen Wahlkampf beteiligt. Seine anschließende aufopferungsvolle Arbeit war zwar mehr von trotzigem Wollen denn von politscher Vernunft geleitet, verdient aber dennoch höchsten Respekt. Zweifelsohne hat Manfred Brunner mit seinem plötzlichen Abschied vielen Aktivisten der ersten Stunden vor den Kopf gestoßen. Realistisch gesehen, war der BFB aber schon am Wahlabend des 27. September 1998 am Ende.

Manfred Brunner nun als Sündenbock abzustempeln, ist mehr als unfair. Schließlich hat er das Thema Euro erst parteipolitisch aufgegriffen. Mit seiner Maastricht-Klage 1993 hat er einen Meilenstein gesetzt. Damit hat er politisch für unser Land mehr erreicht als viele der "rechten" Möchtegern-Haiders zusammen.

Dominique Christian Rossi,

Saarbrücken

 

Zu: "Entstellt und verzerrt", Interview mit dem Sprecher der Burschenschaft Danubia, JF 28/01

Keine Konsequenzen gezogen

Christoph Schulte, der auf seinen Prozeß wegen versuchten Mordes an einem Ausländer wartet und auch optisch unschwer als Skinhead erkennbar ist, verbrachte die Nacht nach dem Mordversuch auf dem Haus der Burschenschaft Danubia. Die Danuben wußten nicht, daß sie einen gesuchten Verbrecher beherbergen? Mag sein, sie haben aber einem ihnen völlig unbekannten und wegen der Schlägerei blutenden Skinhead bereitwillig ein Nachtasyl geboten – diese Form von Nächstenliebe dürfte es in der gesamten deutschen Korporationsszene kein zweites Mal geben.

Ein anderer Teilnehmer der Schlägerei, der regelmäßig in Skinhead-Kreisen verkehrt, dort gerne volksverhetzende Lieder singt und sich in seinem Strafprozeß dem Gericht als Auschwitz-Leugner präsentiert (Zitat: "Ich möchte mich aus juristischen Gründen nicht zur Judenvernichtung der Nationalsozialisten äußern.") war seit 1996 Aktiver der Danubia. Jeder der weiß, was Aktivenzeit und Lebensbund in einer waffenstudentischen Verbindung bedeuten, wird nur schwer glauben, daß der Danubia die Gesinnung ihres Bundesbruders verborgen geblieben ist. Konsequenzen hat Danubia bis 2001 nicht gezogen.

Der Vorwurf der Danubia, die Presse würde in der Berichterstattung "entstellen und verzerren", wäre im übrigen glaubwürdiger, wenn es die Danubia mit der Wahrheit selbst etwas genauer nehmen würde. So mußte die Danubia ihre anfängliche Behauptung, eben erwähnter Skinhead-Bundesbruder sei zum Zeitpunkt der Tat ein "ehemaliger" Bundesbruder gewesen, sehr schnell in Richtung "zur Zeit suspendierter" Bundesbruder herunterkorrigieren.

Diese Zustände haben mit einer Studentenverbindung oder gar einer Burschenschaft nichts mehr gemein. Ich bin zuversichtlich: Die zuständigen Organe der Deutschen Burschenschaft werden der Danubia, die offenbar zu einer Selbstreinigung nicht mehr in der Lage ist, den rechten Weg aus dem Verband weisen!

Frank Höllriegel, München

 

 

Zu: "Wem die Stunde schlägt" von Michael Wiesberg, JF 27/01

Entscheidende Weichenstellung

Daß der Talkshowstar Gregor Gysi in Berlin als Spitzenkandidat antritt, kompliziert für die SPD die Lage. Klar ist, daß es einen Regierenden Bürgermeister Wowereit ohne Mitwirkung der PDS nicht geben wird. Doch was geschieht, wenn Gysi bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus zu erfolgreich ist? Als Juniorpartner kann die SPD in eine Koalition mit den SED-Nachfolgern nicht eintreten. Sie müßte dann wieder zurück ins Bündnis mit der CDU.

Schneidet die PDS mit Gysi gut ab oder schlägt sie sogar die SPD, sind die Chancen für die PDS enorm gestiegen, sich auch im Westen Deutschlands zu etablieren. Von Berlin aus hätte sie die Möglichkeit, ihr mitteldeutsches Reservat zu verlassen und erstmals bundesweit mitzuregieren.

"Vielleicht ist Berlin so heruntergekommen, daß es selbst mich als Bürgermeister erträgt", sagte Gysi einmal. Da könnte man die Frage umgekehrt stellen: Sind die Berliner so weit heruntergekommen, daß sie Gysi ertragen müssen?

Gerhard Drechsler, Melsungen

 

 

Zu: "Gysi kommt", JF 26/01

Originell-makabre Gestaltung

Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer überaus originell-makabren Gysi-Titelseite inclusive Rückseite.

So manchem verbitterten Patrioten stünde ein bißchen mehr Witz und Augenzwinkern Marke JF wirklich gut zu Gesicht. An dieser Stelle auch mal ein Lob für die außerordentlich lesenswerten letzten beiden Ausgaben!

Frank Straub, per e-mail

 

Gysi als nächster Bundeskanzler

Mit einem Plakat mit der Aufschrift "Gregor für alle" wurde 1996 auf der Leipziger Buchmesse für eine Buchpräsentation Gregor Gysis geworben. Ich wohnte dieser in der Alten Börse bei; es mußten Lautsprecher auf den Vorplatz gestellt werden, denn im Saal hatte keine Stecknadel mehr Platz.

Da Gysi mich stark an den französischen Politiker Fabius erinnert, fragte ich ihn anschließend, ob er mit diesem befreundet sei.

Sein so lebhafter Blick fixierte mich für den Bruchteil einiger Sekunden, in denen sich unsere Gedankenwelten abrupt gegenüberstanden, dann ließ er ihn souverän über die Köpfe der Zuhörer schweifen, und ich hörte ihn sagen: "Nein, der sagt neunmal hintereinander ’Es lebe, es lebe, es lebe Frankreich’, wir können nach Auschwitz nicht sagen: ’Es lebe Deutschland‘."

Nach all den deutschen Politikern, die die Bundesregierung bisher hatte und angesichts des jetzigen deutschen Außenministers, Joschka Fischer, fände ich es nur logisch, wenn Gysi der nächste deutsche Bundeskanzler würde.

Siegtraut Tesdorff, München

 

 

Zu: "Es wird mit persönlicher Diffamierung gearbeitet" von Klaus Ulrich Hammel, JF 26/01

Von Angriffsplanungen gewußt

Entgegen den Thesen Magenheimers hatte die deutsche Führung sehr wohl Kenntnis von sowjetischen Angriffsplanungen, denn sie wußte vom militärischen Geheimabkommen vom 15. Oktober 1939 zwischen England, Frankreich und der Sowjetunion. Einem Abkommen, daß auch in den zugänglichen Quellen verschwiegen wird. Es sah eine gemeinsame Kriegführung vor, mit dem Ziel, das Deutsche Reich zu zerstören. Es sollte bereits am 15. Juni 1940 an den vier Fronten Frankreich, Dänemark, Sowjetunion und Griechenland-Jugoslawien offensiv angetreten werden. Dieser Plan scheiterte jedoch durch die schnelle Niederlage Frankreichs und die Besetzung Dänemarks und Norwegens durch die Wehrmacht. Bekannt wurde dieses Militärabkommen auch durch das Auffinden von Akten und Vertragsnotizen des französischen Geheimstabes am 16. Juni 1940 in La Charité. Diese Akten bestätigten die nachrichtendienstlichen Aufklärungsergebnisse von Feldmarschall Mannerheim in Finnland.

Der Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 kann deshalb nur eine Vertragsfalle von Stalin gewesen sein, um eine gemeinsame Grenze mit Deutschland zu bekommen. Für eine längerfristige Vorplanung für das Militärabkommen vom 15. Oktober 1939 spricht das Verhalten von Frankreich und England bei Beginn des Polenkrieges. Der Sowjetuniuon wurde beim Einmarsch in Polen am 17. September 1939 von den Westmächten nicht der Krieg erklärt.

Friedrich Amann, Bernhardswald

 

Kaum noch Nachdenken

Wenn sich viele heute lebende Deutsche für die Wahrheit in Sachen Zeitgeschichte desinteressiert zeigen, so muß man dies sicher als Produkt jahrzehntelanger Umerziehung ansehen. Die Umerziehung, gepaart mit ständiger Reduzierung des Allgemeinwissens und Vergötzung des Kommerzes, führte bei einem großen Teil der Deutschen zu geschichtlichem Desinteresse und, was fast noch schlimmer ist, oft auch zu einem totalen Verlust der Nachdenkbereitschaft. Diese Menschen werden nie ein Verlangen nach historischer Wahrheit verspüren. Einen Anspruch auf die geschichtliche Wahrheit haben jedoch die Deutschen, die in der Katastrophe des Rußlandkrieges zugrunde gegangen sind. Der Krieg mit Rußland in den Jahren 1941–1945 wurde zum Schicksal von Millionen Deutschen, die in den Massengräbern des Ostens liegen. Sie, die Gefallenen des deutschen Ostheeres, und sie, die Gemordeten und zu Tode Geschändeten der deutschen Ostprovinzen, sie erheben Anspruch auf das Bekenntnis zur historischen Wahrheit und fordern dies von uns ein. Es ist ungeheuerlich, daß ein großer Teil der etablierten und in staatlicher Pfründe stehenden deutschen Historiker seit Jahrzehnten diesen Wahrheitsanspruch boykottieren.

Carsten Lör, Karlsruhe

 

 

Zu: "Der erste Europäer der Musikgeschichte" von Wiebke Detlefs, JF 24/01

Rossinis Bedeutung war größer

Als ich den Artikel in Ihrer Zeitung fand, war ich zunächst begeistert, daß wenigstens eine Stimme im Blätterwald bemerkt hat, daß wir nicht nur ein Verdi-Jahr feiern können, sondern auch – neben einigen anderen (Lortzing!) – ein Weber-Jahr. Entsetzt war ich dann aber über die völlig antiquierte Beurteilung, die die italienische Musik, insbesondere die Rossinis, erfährt. Diese Einschätzung mag bei Weber selbst aus der zeitgebundenen Konkurrenzsituation gegenüber dem so viel erfolgreicheren Italiener heraus durchaus verständlich sein. Wie man derartig bornierte chauvinistische Vorurteile ("Leierkastenmelodik eines Rossini" usw.) noch nahezu 200 Jahre danach verbreiten kann, ist mir völlig unverständlich. Weber gewinnt nichts dadurch, daß man versucht, Rossini kleinzureden!

Ich jedenfalls konnte mich bislang an den Kompositionen beider Komponisten erfreuen. Da ich das Schaffen beider gut kenne, vermag ich auch den großen Einfluß Rossinis auf Weber zu ermessen. Übrigens hatt schon Schubert darauf hingewiesen: "Und der will über Rossini schimpfen!" Frau Detlefs möge sich doch bitte einmal die Entwicklung zwischen "Abu Hassan" und dem "Freischütz" anschauen. In diesen elf Jahren hat Rossini seine wesentlichen Werke geschrieben, was auch Weber nicht verborgen geblieben ist. Sollte Frau Detlefs allerdings der Ansicht sein, nur die Musik eines der beiden sei wert, gespielt zu werden, so gäbe ich – schweren Herzens – den ganzen Weber für zehn Takte Rossini her.

Nebenbei: Die Einordnung Webers als erster Europäer der Musikgeschichte ist in doppelter Hinsicht zweifelhaft. Erstens gab es vor und neben Weber andere Komponisten (Händel, Rossini), auf die die Bezeichnung besser zutrifft. Zweitens ist im Leben und Schaffen Webers schwerlich ein seriöser Anhaltspunkt für sein Europäertum zu finden.

Prof. Dr. Bernd-Rüdiger Kern, Taucha

 

 

Zur Monarchie-Diskussion

Positive Kaisertradition

Für alle, die unsere Geschichte auf zwölf Jahre verengen wollen, zeigt die Besinnung auf eine davorliegende tausendjährige Kaisertradition, daß wir auf diese längste Epoche deutscher Geschichte durchaus mit Selbstbewußtsein und Stolz zurückschauen können.

Die erst 82 Jahre der Republik seit 1918 zählen dabei nicht unbedingt zu den glücklichsten oder erhabensten Abschnitten. Man braucht nur einmal die Kaisergräber in Magdeburg oder Speyer oder Wien zu besuchen und sich die Leistung dieser mittelalterlichen Herrschergeschlechter für Deutschland und Europa zu vergegenwärtigen, dann hat der Name Deutschland und Deutsche Nation sehr wohl auch einen sehr ehrwürdigen Klang.

Dr. Erich Kraft, Darmstadt

 

 

Zum Themenkomplex: Globale Dienstleistungen im 21.Jahrhundert

Globalisiertes Geschäftsgebaren

Unlängst konnte man in kurzem Abstand die folgenden Begebenheiten lesen:

1. In Somalias Hauptstadt Mogadischu versucht man seit einiger Zeit eine Zivilgesellschaft zu etablieren. Dazu gehört neben Strom- und Wasserversorgung auch eine Müllabfuhr. Durch die Wirren der letzten Jahre hat sich ein Bandensystem etabliert, welches bei jedem Vorgang – wie bei der Verteilung von internationalen Hilfslieferungen – sich kassierend dazwischenschaltet. Verblüfft mußte man jedoch feststellen, daß sogar der Müll, der stinkend und bergeweise in der Stadt herumliegt, von Erpressern zur Einkommenserzielung benutzt wird.

2. Ein Herr Kirch hat jede Menge Filmrechte in aller Welt erworben,die er mit allen Mitteln in Deutschland in seinem Pay-TV vermarkten möchte. Mit seinem Ansinnen hat er bisher nur horrende Verluste eingefahren, da es in Deutschland viele frei empfangbare Programme zu sehen gibt. Seine engen Verbindungen mit dem Ex-Bimbeskanzler Kohl und dem mächtigen Springer-Konzern sowie der nicht weniger mächtigen deutschen Telekom halfen ihm wenig, da seine technischen Konzepte – die berühmte d-Box- für den Verbraucher – teuren Elektronikschrott schufen.

3. Die Firma Deukom, welche einige von anderen in Deutschland produzierten – unter anderem ZDF, ARD, 3sat, DW usw. – und somit schon bezahlten Fernsehprogramme für eine horrende Monatsgebühr den deutschsprachigen Verbrauchern im südlichen Afrika anbietet, stellte unlängst ein neues Marketingkonzept in Namibia vor. Man bekommt eine komplette Satellitenempfangsanlage mit "Decoder", Schüssel und Komplettinstallation hinterhergeworfen, wenn man einen Mehrjahresvertrag mit ihnen abschließt.

Daß der naive Farmer in Namibia auf Dauer viel Geld für das Ansehen von herumhampelnden, neurotischen und gepierceten Teenies und/oder schlecht schauspielernden deutschen homo- und heterosexuellen Berufspolitiker(inne)n ausgibt, ist eher unwahrscheinlich.Vor und hinter seinem Gatter ist mehr los.

Diesen modernen Geschäftsleuten und Wiedergängern von Don Coleone in Mogadischu und anderswo kann man nur beikommen, indem man auf ihre speziellen Angebote verzichtet und so ihren monatlichen Cash Flow minimiert. Den Rest machen dann schon die Banken. So bleiben sie auf ihrem Müll sitzen.

Japie van Wyk, Walvisbai/Namibia


 
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