© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/01 27. Juli / 03. August 2001


Absurde Union
von Carl Gustaf Ströhm

Der Vorschlag dreier CDU-Politiker (siehe S.8), eine "Südost-Europäische Union" (SOEU) zu gründen, zeugt von Unkenntnis historischer und ethnischer Tatsachen. Man kann nicht alle Balkanvölker in eine solche Union bugsieren. Die betroffenen Staaten betrachten dies als eine Art Bestrafung und den Versuch, diese Länder der Brüsseler EU mitsamt ihren Problemen vom Halse zu schaffen. Lamers & Co. haben offenbar keine Ahnung, daß die Slowenen und Kroaten sich dagegen wehren, in den "Balkan" eingegliedert zu werden. Auch Ungarn legt Wert darauf, ein "mitteleuropäisches" Land zu sein. Die Idee, Ungarn und Griechenland könnten in einer solchen Union "ausgleichend" wirken, klingt geradezu absurd angesichts der Verstrickung dieser beiden Länder in Nachbarschafts- und Minderheitenprobleme.

Noch absurder ist der Vergleich Serbiens mit der Lage Deutschlands nach 1945 – hier sind ganz andere Mentalitäten und Situationen im Spiel. Vollends absurd ist schließlich, Deutschland habe bei der Auflösung Jugoslawiens eine "als treibend empfundene" Rolle gespielt – und müsse deshalb eine aktive Rolle bei einer dauerhaften Lösung spielen. Anders gesagt: die Deutschen sollen die von ihnen vorschnell vollzogene Anerkennung der Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens wieder rückgängig machen. Das aber war das einzig Richtige, was die deutsche Politik tun konnte. Die CDU-Denkschrift ein weiterer Beweis für die innere Krise der Unionsparteien und für den Mangel außenpolitischen Denkens in der deutschen politischen Klasse. Sollte sich diese SOEU verwirklichen, wären schwere Konflikte die Folge.


 
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