© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/01 27. Juli / 03. August 2001

 
Meldungen

Reformen – aber Lenin bleibt im Mausoleum

MOSKAU. Präsident Wladimir Putin hat letzte Woche auf einer Pressekonferenz eine positive Bilanz seiner anderthalbjährigen Amtszeit im Kreml gezogen und seinen Willen zur Modernisierung Rußlands bekräftigt. Neben der Reform des Bodenrechts und des Strafprozeßrechts lobte Putin das neue Parteiengesetz, das Kleinparteien benachteiligt. Putin verteidigte die begonnene Rezentralisierung, er versprach aber, den Zentralismus der Sowjetzeit nicht zu kopieren. In Tschetschenien gehe es ihm darum, die "Metastasen" des internationalen islamischen Radikalismus zu vernichten. Putin sprach sich dagegen aus, die konservierte Leiche Lenins aus dem Mausoleum am Roten Platz entfernen und eine Bestattung des 1924 gestorbenen Revolutionärs anzuordnen. Ein solcher Schritt könnte einen Teil der Gesellschaft vor den Kopf zu stoßen – die Kommunisten haben einen Wähleranteil von 30 Prozent. Putin wies Spekulationen über ein russisch-chinesisches Raketenabwehrprojekt als Reaktion auf entsprechende US-Pläne zurück, wie sie nach Putins Treffen mit dem chinesischen Staatschef Jiang Zemin laut geworden waren. Rußland verfüge über genügend Mittel, um auf jede Veränderung im Bereich der strategischen Stabilität zu reagieren.

 

Rechte Opposition in Schwierigkeiten

OTTAWA. Kanadas größte Oppositionspartei, die konservative Canadian Alliance (CA), steckt in Schwierigkeiten. CA-Chef Stockwell Day kündigte kürzlich sogar seinen Rücktritt an, ließ aber schließlich wieder davon ab. Nun gilt Day als "lahme Ente" an der Parteispitze. Auslöser für die Querelen war die Niederlage bei den Parlamentswahlen im November 2000. Die Liberalen von Premier Jean Chrétien gewannen damals 172 Mandate, die CA nur 66. Zudem sorgte der konservative Christ Day mit Aussagen gegen die Abtreibung für Wirbel. 15 Abgeordnete haben die CA-Fraktion verlassen. Sie unterstützen Preston Manning, Ex-Chef der rechten Reform Party of Canada (RP), aus der die CA im Vorjahr hervorging. Die CA-Führung führte Gespräche mit der kleinen Progressive Conservative Party (Tories) über eine Zusammenarbeit. Tory-Chef Joe Clark verhält sich abwartend.

 

Justizminister läßt beim FBI aufräumen

WASHINGTON. Die Unternehmensberatung Arthur Andersen LLP soll die zuletzt von Skandalen gebeutelte US-Bundespolizei FBI untersuchen und Vorschläge für Verbesserungen in der Verwaltung machen. Die Studie ist nur ein Teil der umfassenden Überprüfung des FBI, die Justizminister John Ashcroft anordnete. In die Kritik geraten war die Behörde unter anderem wegen der Unterschlagung zahlreicher Akten im Fall des Bombenanschlags von Oklahoma und durch die Enttarnung eines langjährigen russischen Spions im FBI. In den letzten Jahren sind beim FBI hunderte Waffen und 184 Laptop-Rechner verschwunden.

 

Strafprozeß gegen 52 Homosexuelle

KAIRO. Das ägyptische Staatssicherheitsgericht verhandelte letzte Woche in Kairo gegen 52 Homosexuelle. Die Angeklagten waren im Mai bei einer Razzia auf dem Nil-Discoschiff "Queen Boat" festgenommen worden, einer einschlägigen Adresse in der Kairoer Schwulen-Szene. Die ebenfalls festgenommenen Europäer und drei Golfaraber wurden aber sofort wieder freigelassen. Die 52 Männer sind wegen Unzucht und Verletzung der öffentlichen Moral angeklagt, zwei davon zusätzlich wegen "Verachtung der Religion, falscher Koraninterpretation und Mißbrauch des Islams zur Verbreitung abweichlerischer Ideen". Einer der beiden, Sharif Farahat, soll seine "schwulen Praktiken" von einer Reise nach Israel "mitgebracht" haben. Den Angeklagten drohen zwischen drei und fünf Jahren Haft. Am 15. August wird weiterverhandelt.


 
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