© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/01 27. Juli / 03. August 2001

 
Ikone der Eleganz
Ausstellung: "Audrey Hepburn" im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt am Main
Werner Olles

Audrey Hepburns schauspielerische Karriere folgte noch jenen klassischen Mustern, die eine solide Ausbildung voraussetzten. Die am 4. Mai 1929 in Brüssel als Tochter einer holländischen Baronin und eines irischen Bankiers geborene Edda Kathleen van Hemstra Hepburn-Ruston nahm nach dem Krieg Ballettunterricht, um sich ihren Herzenswunsch – Tänzerin zu werden – zu erfüllen. Das scheiterte jedoch an ihrer Größe von immerhin 1,76 Meter. So glänzte sie stattdessen als Schauspielerin und Sängerin in Londoner Musicals. Sie war gerade 22, als William Wyler sie am Broadway in der Bühnenfassung von Colettes "Gigi" sah und für Hollywood entdeckte. Nach ein paar belanglosen Filmen drehte er 1953 "Ein Herz und eine Krone" mit ihr. Die bekannte Mär von der entlaufenen Prinzessin und dem einfachen Bürger (Gregory Peck), die sich nicht kriegen können, war auf Anhieb ein durchschlagender Erfolg. Selten wurde ein Film so sehr von der Natürlichkeit und den strahlenden Augen seiner jungen Hauptdarstellerin getragen wie dieser von Audrey Hepburn, die für ihre Rolle mit einem Oscar geehrt wurde.

Ein Jahr später holte Billy Wilder sie für die Titelrolle in "Sabrina" vor die Kamera. Spätestens danach erhob die Kulturkritik der fünfziger Jahre sie zum Idol. In der Tat verkörperte sie einen völlig neuen Frauentyp: ein graziles, elfenhaftes Geschöpf, das mit weitgeöffneten Kinderaugen erstaunt in die Welt blickte. Sie bildete gewissermaßen als reine und etwas unbeholfene Naive das Gegenbild des vollbusigen, verführerischen Vamps einer Marilyn Monroe oder Elizabeth Taylor. Dazu paßten auch glänzend ihr hochartifizieller pantomimischer Humor, ihre melancholische Ironie und die fragile Marionettenhaftigkeit ihrer Bewegungen.

Als Wilder 1954 mit ihr die Komödie "Sabrina" drehte, bestand sie energisch darauf, daß kein amerikanischer Kostümbildner sie einkleidete, sondern der bekannte Pariser Modeschöpfer Hubert de Givenchy. Er avancierte zu ihrem ausgesprochenen Lieblingsmodeschöpfer, dem sie in den folgenden vier Jahrzehnten beruflich und privat als Kundin die Treue hielt, und der zu einem ihrer engsten Freunde wurde. In der Ausstellung "Audrey Hepburn – a woman, the style" präsentiert das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt am Main nicht nur das wunderschöne Ballkleid aus "Sabrina", das kleine Schwarze mit den glitzernden Fransen aus "Charade" (1963), das Cocktailkleid der Holly Golightly aus "Frühstück bei Tiffany" (1961) oder ihr eigenes Hochzeitskleid, sondern auch die inzwischen leicht verrostete Vespa, mit der Hepburn und Peck in "Ein Herz und eine Krone" inkognito durch Rom kurvten.

In Zusammenarbeit mit dem Museo Salvatore Ferragamo in Florenz versucht die vor drei Jahren konzipierte Ausstellung, die mit großem Erfolg bereits in Florenz, Sydney und Tokio gezeigt wurde, dem Stil Audrey Hepburns auf die Spur zu kommen, und sich jenem Phänomen zu nähern, das sie zu einer unsterblichen Ikone der Eleganz machte. Acht Jahre nach ihrem Tod – sie starb im Januar 1993 mit 63 Jahren in ihrem Haus in Lausanne an Krebs – dokumentieren nun Filmausschnitte und großformatige Fotografien, aber auch ihr selbstloser, caritativer Einsatz als Unicef-Botschafter für notleidende Kinder, ihre Arbeit und ihr Leben. Und erinnern auch noch einmal daran, daß ihre wohl populärste Rolle, das Blumenmädchen Eliza in "My fair Lady" (1962), von der unsäglichen Regieanweisung überschattet wurde, ihre Gesangsstimme von Julie Andrews doubeln zu lassen. Tatsächlich konnte Audrey Hepburn singen, was sie auf der Bühne, aber auch im Film oft genug bewiesen hatte. Hinzu kam, daß ihre Filme in Europa viel erfolgreicher waren als in den USA, und dies war auch einer der Gründe, warum sie später konsequent darauf bestand, daß die Dreharbeiten ihrer Filme in Europa stattfinden mußten.

Nach ihrer Scheidung von Mel Ferrer lebte Audrey Hepburn in Italien, in Paris und in der Schweiz, heiratete ein zweites Mal und fand in der humanitären Diplomatie für Unicef eine neue Rolle, die sie schließlich, trotz ihrer schweren Krankheit, überzeugend und mit Hingabe ausfüllte.

Es ist also weit mehr als nur die abgelegte Garderobe eines Stars als Inbegriff von Stil und Eleganz, die in dieser Ausstellung zu sehen ist. Sie erinnert vielmehr an eine bis heute verehrte Schauspielerin, die es vom englischen Mädchenpensionat zum fünfzehnjährigen Kurier der Widerstandsbewegung brachte und schließlich nach Hollywood. Erinnert wird aber auch an eine Europäerin, die sich von Amerika, das ihr eine fremde Identität aufzwingen wollte, immer zurückgewiesen und zum Schluß sogar verletzt fühlte. Erst in Europa fand Audrey Hepburn wieder zu sich selbst, weil hier "die Tugend der Treue noch zu gelten schien", wie Wilfried Wiegand in seinem Nachruf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb.

Sieht man heute im Fernsehen noch einmal ihre Filme "Ariane" (1956), "Krieg und Frieden" (1956) oder "Geschichte einer Nonne" (1959), – die Filmreihe des Museumskinos zeigt übrigens einige schwer zugängliche Originalfassungen –, dann spürt man, daß sie eigentlich immer nur diese eine Botschaft verkündet hat: daß Treue zu sich selbst die größte Tugend ist.

 

Die Ausstellung ist bis zum 30. September im Deutschen Filmmuseum, Schaumainkai 41, 60596 Frankfurt am Main (Tel.: 069 / 96 12 20-0) zu sehen. Di./Do. 10 bis 17 Uhr, Mi./Fr./So. 10 bis 20 Uhr, Sa. 14 bis 20 Uhr. Der Katalog kostet 59 Mark.


 
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