© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/01 27. Juli / 03. August 2001

 
Der Patriarch will nicht abdanken
Wagner-Festspiele: Zwei Sonderausstellungen zum 125jährigen Jubiläum / Streit um die künftige Leitung geht weiter
Andreas M. Daniel

Das 125jährige Jubiläum der Richard- Wagner-Festspiele in Bayreuth wird von zwei Sonderausstellungen begleitet. Das Richard-Wagner-Museum in der Villa Wahnfried zeigt bis zum 28. August 22 Kupferstiche von Baldwin Zettl zu Wagners "Der Ring des Nibelungen". Parallel dazu sind während der Festspielzeit in den beiden Kundenhallen der Sparkassen in der Opernstraße und am Luitpoldplatz die Ausstellungen "Schauplätze des Nibelungenliedes" und "Richard Wagner – Szenen eines Künstlerlebens" zu sehen.

Die Festspiele feiern in diesem Jahr neben ihrem 125jährigen Bestehen auch das Jubiläum ihrer Wiederbegründung im Jahr 1951. Seit der Uraufführung des "Ring der Nibelungen" am 13. August 1876 kommen in dem eigens dafür errichteten Festspielhaus auf dem "Grünen Hügel" ausschließlich Werke Richard Wagners (1813–1883) zur Aufführung. Viele Stars treten in Bayreuth für Gagen weit unter ihren üblichen Sätzen auf. Noch immer gilt am Grünen Hügel Richard Wagners 1872 formulierter Grundsatz: "Wer nicht aus Ehre und Enthusiasmus zu mir kommt, den lasse ich, wo er ist".

Eröffnet wurden die diesjährigen Festspiele am Mittwoch mit einer Aufführung der "Meistersinger von Nürnberg", inszeniert von Wolfgang Wagner und unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann. Im Mittelpunkt des Interesses steht jedoch wieder der "Ring" in der Regie von Jürgen Flimm, der am heutigen Freitag mit dem "Rheingold" startet. Für den im Frühjahr verstorbenen Giuseppe Sinopoli (JF 18/01), der den "Ring" dirigieren sollte, springt der Mannheimer Generalmusikdirektor Adam Fischer ein. Als neues Wälsungen-Paar stehen Violeta Urmana und Robert Dean Smith auf der Bühne. Die letzte Aufführung der Festspiele findet am 28. August statt.

Unterdessen geht der Streit um den Chefsessel auf dem Grünen Hügel munter weiter. Richard Wagners Urenkelin, Nike Wagner, hält ihre Bewerbung als Nachfolgerin Wolfgang Wagners weiter aufrecht. In einem Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk nannte die Tochter Wieland Wagners den Indendanten der Staatsoper Stuttgart, Klaus Zehelein, als neuen Tandempartner. Zehelein ist ein anerkannter Wagner-Experte. Erst im Juni hatte Nikes Cousine Eva Wagner-Pasquier ihre Bewerbung wegen der beharrlichen Rücktrittsweigerung ihres Vaters Wolfgang Wagner zurückgezogen. In einem Interview mit dem Nordbayerischen Kurier bekräftigte Eva Wagner-Pasquier noch einmal, daß für sie der Nachfolgekrieg um die künftige Leitung der Bayreuther Festspiele beendet ist. "Ich stehe nicht zur Verfügung", betonte die Opern- und Festivalmanagerin. Der Stiftungsrat und Bayerns Kunstminister Hans Zehetmair (CSU) hätten keine rechtlichen Möglichkeiten, ihren Vater an der Erfüllung seines lebenslangen Vertrags zu hindern, erklärte Eva Wagner-Pasquier. Der 81jährige Wolfgang Wagner ist auf Lebenszeit bestellt und will partout seine zweite Frau Gudrun als Nachfolgerin durchsetzen.

Der Wagner-Urenkel Gottfried Wagner hat seinem Vater Wolfgang Wagner und dessen verstorbenem Bruder Wieland vorgeworfen, keinen "Schlußstrich unter die Nazi-Vergangenheit" der Familie gezogen zu haben. Der Welt am Sonntag sagte Gottfried Wagner, der Aufbruch "Neu-Bayreuths" und dessen kritischer Umgang mit der eigenen Historie sei nie geschafft worden. Zudem kritisierte er die Flucht in eine "fiktive Kunstwelt unverbindlicher Abstraktion" gerade bei Stücken des "Deutschesten aller Deutschen".


 
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