© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/01 10. August 2001

 
Mit dem Polit-Taxi durch die deutsche Hauptstadt
Berlin: Aufkleber an Taxen mit politischem Inhalt sind rechtswidrig / SPD-Senator Strieder begrüßte die Kampagne
Steffen Königer

Seit Januar sorgen Aufkleber auf Berliner Taxen für Mißstimmung unter den Kollegen. Auf schwarzem Grund ist mit weißer Schrift "Kein Platz für Rassismus – nicht auf der Straße. Und nicht in den Köpfen!" zu lesen.

Zusätzlich wird der Aufkleber mit den Abmessungen 20 mal acht Zentimetern noch von einem braunen Riß durchzogen. Entworfen wurde er vom Berliner Senator für Stadtentwicklung Peter Strieder (SPD) und der Ausländerbeauftragten der Stadt, der CDU-Frau Barbara John. Eine gesetzliche Regelung ist jedoch hier auslösendes Element für einen Widerspruch: nach Paragraph 28 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen ist politische und religiöse Werbung an Taxen unzulässig, also rechtswidrig. Dieser Sachstand ermöglichte Horst Michael Grudde, einem Berliner Taxiunternehmer, Beschwerde bei Strieder einzureichen. Grudde befürchtet Wettbewerbsnachteile, wie es in einem Schreiben heißt, das der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, da er nicht gedenke, sich diesen Aufkleber an seine Taxen zu heften. Drei Wochen später kam die Antwort von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: Strieder hätte die Duldung des kritisierten Aufklebers verfügt, weil auch er ihn vor dem Hintergrund der aktuellen Vorfälle als ein besonderes Zeichen begrüße. Das Landeseinwohneramt von Berlin – zuständig für Eingriffe in diesen Fragen und auch Strieder unterstellt – bekräftigt die gegen den Senator erhobenen Vorwürfe der Rechtswidrigkeit. In einem Schreiben an Grudde wird der Regelungsinhalt der Beförderungsbestimmungen als einfach und verständlich wiedergegeben; er würde auch von Verwaltungsbehörden prinzipiell einheitlich ausgelegt und von Verwaltungsgerichten immer wieder bestätigt. Weiter heißt es, es gelte zu vermeiden, daß an Taxen angebrachte politische Meinungen zu Konflikten zwischen Fahrgast und Fahrzeugführer führten, somit sei der Rassismus-Aufkleber als politische Äußerung zu werten. Laut Einwohnermeldeamt ist dieser Aufkleber politischen Inhalts und somit per Gesetz eigentlich rechtswidrig. Das Amt sieht aber keinen Grund zum Eingreifen, da es "weisungsgebunden den genannten Aufkleber zu dulden verpflichtet" sei. Selbst die Kenntnis des Verstoßes gegen ein Gesetz veranlaßt niemanden zu handeln, auch zukünftig wird keine Anweisung erteilt werden, denn es seien "keine Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden" und "es mangele in diesem atypischen Einzelfall mit Ausnahmecharakter an einer Eingriffsgrundlage", wie es in der Begründung gegenüber dem beschwerdeführenden Taxiunternehmer heißt. Also tut Strieder nichts gegen Strieder.

Der Taxiunternehmer hat seinerseits reagiert: Grudde stellte am 4. Juni Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen Strieder und versucht beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung gegen diesen Aufkleber zu erwirken. Prompt wurde die Klage abgewiesen.

Ein schon vorher von Grudde entworfener Aufkleber: "Keine Steuergelder für Asylmißbrauch. Mehr als 50 Millionen täglich" wurde abgelehnt. Er könne die reibungslose Abwicklung des Personenverkehrs beeinträchtigen, so die Begründung des Einwohnermeldeamtes.


 
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