© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/01 10. August 2001

 
Eine zweite Enteignung ist im Gange
Rumänien: Die neue Links-Regierung will deutschen Bauern in Siebenbürgen und dem Banat ihren Besitz nicht zurückgeben
Jörg Fischer

Die postkommunistische Regierung Rumäniens unter Premier Adrian Nastase hat Ende Juni über eine Dringlichkeitsverordnung das Bodenrückgabegesetz 1/2000 dahingehend geändert, daß die deutsche Minderheit in Rumänien von der Rückgabe ausgeschlossen wird. Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) hat gegen die Maßnahme seit Juli heftig protestiert – bislang erfolglos.

Die Verordnung macht die im "Lupu-Gesetz" festgeschriebene Restitution der 1945 enteigneten Bodenflächen an ihre einstigen deutschen Besitzer rückgängig. Die siebenbürgisch-sächsischen und banatschwäbischen Bauern, die ab 1945 unrechtmäßig ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden und heute noch im Lande leben, sind so von der angestrebten Wiedergutmachung ausgeschlossen.

Nach Ansicht des DFDR-Chefs und Bukarester Parlamentsabgeordneten Wolfgang Wittstock verstößt dies gegen "Geist und Buchstaben" des deutsch-rumänischen Freundschaftsvertrages von 1992. Am 23. März 1945 waren durch die Bodenreform der KP-gesteuerten Groza-Regierung sämtliche deutsche Bauern in Rumänien ihres Bodenbesitzes beraubt und von ihren Höfen vertrieben worden. Mitte der fünfziger Jahre durften die vertriebenen deutschen Bauern zwar in ihre Häuser zurückkehren, ihr Boden blieb jedoch enteignet. Auch nach dem Sturz der Ceausescus 1989 sollte unter Präsident Ion Iliescu – einem Ex-Kommunisten – alles beim alten bleiben.

Erst DFDR-Proteste und Interventionen des deutschen Botschafters in Bukarest, Klaus Terfloth, bewirkten einen Sinneswandel. Unter dem konservativen Präsidenten Emil Constantinescu wurde schließlich das "Lupu-Gesetz" verabschiedet, das die 1945 enteigneten deutschen Bauern ebenfalls mit einbezog. Nun konnte die Rückgabe von bis zu 50 Hektar Ackerland und bis zu zehn Hektar Waldflächen eingefordert werden.

Die enteigneten Ungarn sind von der Nastase-Verordnung nicht betroffen: Sie können ihre Restitutions- und Entschädigungsansprüche noch bis zum 14. August 2001 bei den zuständigen Gemeinden einreichen. Allerdings können selbst viele Nachkommen der ungarischen Aristokratie in Siebenbürgen nicht die Instandsetzungskosten ihres heruntergewirtschafteten Besitzes bezahlen.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen