© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/01 10. August 2001 |
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Zeitschriftenkritik: Genius Europäische Zukunft mit Augenmaß Werner Olles Viermal jährlich erscheint in einem Umfang von über siebzig Seiten pro Heft als Diskussionsforum und Plattform für die geistige Auseinandersetzung mit Zeitfragen aus freiheitlicher Sicht die Zeitschrift Genius. Sie wird herausgegeben von der 1997 unter anderem von Lothar Höbelt, Erich Reiter, Gerulf Stix und weiteren Persönlichkeiten aus freiheitlich-nationalliberalen Kreisen gegründeten Genius-Gesellschaft für Freiheitliches Denken, die unabhängig von Parteien und Konfessionen schöpferische Impulse für die Aufbereitung kultureller, gesellschaftlicher, rechtlicher, wirtschaftlicher und politischer Existenzfragen geben will. Als Leitbild dient dabei die Verwebung der Idee von der Freiheit des Menschen mit seiner Verantwortung für die Erhaltung lebensfähiger Gemeinschaften. Wie die Genius-Gesellschaft wollen auch die "Genius-Lesestücke" mit einer breiten Themenauswahl und gediegenen Beiträgen das natürliche Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne fruchtbar machen für eine freiheitliche Zukunft, die sich die Autoren national und liberal mit Augenmaß, vor allem aber ohne die leider inzwischen üblichen parteipolitischen Scheuklappen wünschen. Daß Herausgeber und Redaktion der von der vereinigten europäischen Linken geschmähten und gescholtenen FPÖ nahestehen, ändert dabei nichts daran, daß man beispielsweise der Europäischen Union durchaus nicht negativ, sondern mit einem "kritischen JA" gegenübersteht. Die Themenpalette der Genius-Hefte ist bunt und reicht von der Diskussion der Europa-Politik in Verbindung mit der Türkei und Mittelasien über Probleme der Erziehung bis zum Thema Kultur. Wichtige Beiträge zur Bildungspolitik sind unter anderem dem pädagogischen Wahnsinn an deutschen Schulen gewidmet, wo ideologische und utopische Ansätze das einst vorbildliche Bildungssystem gründlich ruiniert haben. Eine weitere Debatte stellt die Frage "Deutsch als kollektive Identität?" und bejaht diese, "weil es sie tatsächlich gibt, weil sie eine der uns tragenden Identitäten ist, und weil wir sie lieben". Beim Themenkomplex "Einwanderung und Nationalstaat" sieht der Bamberger Bevölkerungswissenschaftler Josef Schmid ein "Jahrhundert der Konflikte und Bewährungen" auf uns zukommen und zitiert in seinem Schlußplädoyer den französischen Politologen und Kenner der deutschen Geistesgeschichte Raymond Aron, der dem dekadenten Europa zurief: "Der moralische Hochstand schließt den historischen Abstieg nicht aus!" Daran schließt sich ein Beitrag über das Verhältnis von Amerika und Europa an. Die europäische Chance, nur gegen das amerikanische Imperium bestehen zu können, werde auch von der neuen Berliner Regierung nicht erkannt und verstanden. Der Niedergang Europas seit dem Zweiten Weltkrieg verhindere, daß unsere politischen Klassen "überzeugend nicht nur die politische Entwicklung in Amerika kritisieren, sondern einen zukunftsorientierten Beitrag für Europa leisten". Genius-Gesellschaft c/o Mag. Erich Wachernig, Pettenkofengasse 1, A-1030 Wien. Jahresabo 480 öS |