© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/01 10. August 2001

 
Der moderne Casanova
Kino: "Alles über Adam" von Gerard Stembridge
Ellen Kositza

Der Typ hat was. Zum Beispiel einen alten Jaguar. Das, unter anderem, imponiert Lucy, der netten kleinen Schickse, die ihre Freunde bislang in rascher Folge zu wechseln pflegte. Er jetzt, der leicht geheimnisvolle Jaguarfahrer, ist anders. Er heißt Adam, gibt sich wenigstens dafür aus. Und das nicht von ungefähr: Adam, der Mann an sich oder wenigstens eine mögliche Variante desselben.

Adam also, der romantische Charmeur, wird Lucys Freund, und zwar nicht einer in der langen Reihe von vielen, er ist für sie der Traumprinz schlechthin. Bald wird Lucy, die kesse Kellnerin, ihm einen öffentlichen Heiratsantrag machen. Daß Adam etwas hat, das anderen Männern fehlt, den schicken Jaguar einmal beiseite gelassen, findet auch Lucys Familie: ihre Mutter, ihr Bruder und ihre beiden Schwestern, die gemeinsam in Dublin wohnen.

Doch Adam "ist viele" und sein Dasein als betörender Traumprinz nur eine Seite seines Wesens. Für die lebenslustige, progressive und geschiedene Mom ist der freundliche Adam mit seiner familiären Ader der ideale Schwiegersohn. Langweilige Männer seien die größte Plage der Erde, befindet sie zu Recht und vor allem mit Blick auf Martin, den öden Gatten ihrer ältesten Tochter Alice. Adam ist anders, sprudelnd, vital, tiefgründig obendrein: Niemand wird je alles über Adam wissen – allenfalls der Zuschauer, dem sich Adams Tun und Sein aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mitteilt. So ist eine Facette seines schillernden Charakters – sei sie nun echt oder berechnend, das weiß man nie – seine Begeisterung für Literatur. Damit triftt er bei Lucys belesener Schwester Laura ins Schwarze. Laura, literaturwissenschaftlich über "Hysterie und Leidenschaft" promovierend, findet im Freund ihrer Schwester einen einfühlsamen Schöngeist, dem sie ihr Herz, das sie – auf der Suche nach dem einzig Wahren – anderen Männern bisher verschlossen hielt, öffnet. Mit langen Gesprächen und gegenseitigen Vorlesungen beglückt Adam nun auch die äußerlich so spröde Laura, intellektuell und poetisch zunächst, handfest körperlich bald daraufhin. Während Laura nun ein Geheimnis vor Lucy hat, weiß Alice, attraktiv und erfahren, noch mehr: Adam erfüllt nämlich auch ihre Wünsche, hilft der unbefriedigten Ehefrau dort aus, wo er auch ihren Schwestern am nähsten ist: in seinem Bett. Nur wenig anders gestaltet sich Adams Verhältnis zu David, dem Bruder der drei Damen. Während Adam im Zusammensein mit den weiblichen Familienmitgliedern den galanten everybody’s darling gibt, der kein Wässerchen je trüben könnte, stellt er sich in bierseliger Männerrunde als Experte in Sachen Sex dar, der auch David weiterhelfen kann, nämlich in bezug auf dessen prüde Freundin Karen. Adam verhilft auch diesen Menschen zu Glück. Sein vielseitiges Leben als multipler Abweg wird ausschnittsweise mittels der off-Stimmen der vierköpfigen Geschwisterbande mitgeteilt: alle kennen Adam, doch jeder einen anderen. Redet Adam über sich, erzählt er viele Geschichten, alle stimmen, keine ist wahr – und doch sind alle glücklich mit der ihnen jeweils zugedachten Version.

Der Mann als Rätsel, Frauen und ihre Bedürfnisse, Polygamie als Konzept: Film-Idee ganz gut, Ausführung mangelhaft. Das beginnt mit der Wahl des Adam-Darstellers (StuartTownsend), der ja nicht zuletzt durch sein blendendes Äußeres, seine charismatische Ausstrahlung die Weiberwelt bestechen soll. Dumm, wenn dieser Mann dann fatal an Michael Schumacher erinnert. Ob die Wahl der Form als oberflächliche Komödie eine geglückte ist, erscheint an sich fragwürdig; daß die Dialoge dann den flachen Ball einer Beverly-Hills/Peyton-Place-Serie spielen und das ganze weniger irischen denn amerikanischen Zuschnitt aufweist, macht den Film zu einer anderthalbstündigen Unterhaltung, von der am Ende wenig haften bleibt.

 

Adam (Stuart Townsend), Lucy (Kate Hudson): "Viele Geschichten – alle stimmen, keine ist wahr"


 
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