© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/01 10. August 2001

 
Meldungen

Deutschsein als Definitionsfrage

BONN. Die Arbeitgeber, die die Empfehlungen der Süssmuth-Kommission zur Einwanderung geprägt hätten, machen keinen Unterschied zwischen Deutschen und Ausländern. Auf ihrer Wertskala, so frohlockte Mark Siemons in der FAZ (10. Juli), rangieren ökonomisch nutzlose Individuen, ungeachtet ihrer Herkunft, ganz unten. Aus Sicht von Henkel, Hundt&Co. sei der "Ausländer" deshalb nur eine "Zuschreibung", eine "semantische Figur". Beifall erhalten sie dafür nicht nur in der großbürgerlichen FAZ, sondern auch in den Blättern für deutsche und internationalen Politik (6/01), der einstigen publizistischen Plattform für Honeckers Parteigänger unter westdeutschen Intellektuellen. Lutz Hoffmann, in einem Beitrag über "Die Nation eines Einwanderungslandes", reduziert die Differenzen zwischen Deutschen und Ausländern auf "Zugehörigkeitssemantik". Kultur, Volk, Abstammung seien nur "Konstruktionen". Da alles nur eine Frage der "Zuschreibung" sei, könne man jeden als Deutschen definieren, der "im Staatsgebiet Aufnahme gefunden" habe. Die "Abstammungsdeutschen" müßten dafür lediglich ihre obsolete "Vorstellung, die sie von sich selbst als Deutsche haben" auf dieses Minimum ihres Bewohnerstatus reduzieren, damit es zwischen ihnen und "Zugewanderten" künftig keine sinnvollen Unterschiede mehr gebe.

 

Konservative Katholiken tagen im Rheinland

SCHÖNENBERG. Das Christentum als prägende Kraft der europäischen Geschichte – Überlegungen zum Jahrtausendwechsel, so lautete das Motto der diesjährigen Sommerakademie der Studentenbewegung St. Thomas von Aquin, die vom 2. bis 5. August in Schönenberg stattgefunden hat. Ort der Veranstaltung war ein Internat der Piusbruderschaft, die aufgrund ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem II. Vaticanum umstritten ist. Der Altphilologe Heinz-Lothar Barth (Bonn) referierte zur Frage, ob ein Christ Wehrdienst leisten dürfe. Mit zahlreichen Quellen aus den ersten Jahrhunderten der Christenheit kam Barth zu einem diffenzierten Urteil und widerlegte überzeugend die These vom "Totalpazifismus" der ersten Christen. Der Bonner Historiker Klaus Rosen untersuchte kritisch die Historizität der Person Jesu. Dietz-Rüdiger Moser (München) hielt einen bemerkenswerten Vortrag über die katholische Liturgie als Ursprung von Festen und Bräuchen und widerlegte eindeutig die weitverbreitete Meinung von den heidnischen Wurzeln des Karnevals. P. Klaus Wodsack erläuterte am Beispiel der Karolinger und Ottonen den Zusammenhang von Heilsberufung und Staat. Der Kölner Jurist Dirk Budde griff mit Donoso Cortés einen konservativen Denker auf, der in Deutschland leider sehr vernachlässigt ist. Ausgehend von seiner Theorie einer fortlaufenden Verfinsterung (Säkularisation) der Gesellschaft, prophezeihte Budde die baldige Implosion des globalen Systems. Robert Prantners (Wien) Thema war die Verwüstung Europas seit der Französischen Revolution und die daraus resultierenden Totalitarismen unserer Tage. Die Sommerakademie war eine gelungene Mischung aus Gebet und Geselligkeit und verzeichnete mit über 130 Teilnehmern einen neuen Besucherrekord.


 
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