© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
Kolumne
Lachnummer
von Andreas Mölzer

Heute glauben die Grünen, die Wehrpflicht neuerlich zum Wahlkampfthema machen zu müssen. Der Chef der Wiener Grünen, Christoph Chorherr, erklärte dieser Tage, dreißigtausend junge Männer werden jedes Jahr einer demokratiepolitschen Katastrophe unterzogen. Es gäbe ein „Kuschen und Gehorsam ohne nachzudenken“, all das, was eine Demokratie wirklich ausmache, werde beim Bundesheer acht Monate lang „ausgerottet“.

Daß diese Aussagen just aus dem Munde eines vormaligen Offiziers stammen, Sohn aus gutbürgerlichem Elternhaus, ist einigermaßen kurios. Kurios ist auch, daß just der Sozialdemokrat Josef Cap diesen Vorstoß als „Lachnummer“ bezeichnete, waren es doch die Jusos, zu denen vor einiger Zeit auch Cap zählte, die am vehementesten gegen das Bundesheer zu Felde zogen. Heute muß Cap allerdings einräumen, daß die Mehrheit seiner Partei für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht eintrete. Die beiden Wehrsprecher der Regierungsparteien lehnten den grünen Vorstoß verständlicherweise ab, vor allem mit dem Hinweis, daß ein Berufsheer wesentlich mehr kosten würde.

Insgesamt läßt sich allerdings die Debatte um das Bundesheer, seine finanzielle Ausstattung sowie die Wehrpflicht und die Frage des Berufsheeres nicht verhindern. Der ursprüngliche freiheitliche Standpunkt ist, daß man eine Dienstpflicht für alle jungen Staatsbürger einführen solle, die entweder im Sozialbereich, im Naturschutz oder in der Katastrophenhilfe eine gewisse Zeit für die Allgemeinheit opfern müßten. Im Zuge dieser Dienstpflicht könnte man auch Mitglied einer Art Territorialverteidigung werden, der dann zusätzlich eine kleine, aber effiziente Profitruppe zur Seite gestellt sein sollte. Dieses Konzept ist stillschweigend ad acta gelegt worden. Zu sehr fürchtet man die Vorwürfe, hier würde der „Arbeitsdienst“ wieder aufleben. Sicher ist man sich jedenfalls, daß ohne Mitgliedschaft in einem Militärbündnis das Verteidigungsbudget bei Umstellung auf ein Berufsheer verdoppelt werden müsse, und das ist in den Zeiten des Nullbudgets nicht möglich.

Abzuwarten bleibt, ob es den Grünen tatsächlich gelingt, mit einer vordergründigen Diskussion um die Wehrpflicht bei den nächsten Nationalratswahlen in Österreich zu punkten. Wenn die Regierungsparteien bis dahin nicht glaubwürdig in der Lage sind, die Armee auf eine neue Minimalbasis zu stellen, könnte es für die Grünen tatsächlich leicht sein, den Sinn der Wehrpflicht in Frage zu stellen.

 

Andreas Mölzer ist Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung „Zur Zeit“.


 
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