© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
Meldungen

Exodus der Forscher in die USA stoppen

BERLIN. In den USA kommt ein Fünftel des wissenschaftlichen Hochschulpersonals aus anderen Ländern. Bei den Postdoktoranden beträgt der Anteil sogar fünfzig Prozent. Deutschland ist bei diesem Wissenstransfer eines der wichtigsten „Geberländer“. Nicht zuletzt dieser Abfluß von „Humankapital“, der bis 2015 dazu führe, daß im EU-Raum 500.000 Nachwuchskräfte fehlen, habe die Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) bewogen, die Berufschancen der hiesigen Jungakademiker grundlegend zu verbessern. Ab 2002 sollen 6.000 Stellen für Juniorprofessoren geschaffen werden, also für Wissenschaftler, die ohne Habilitation voll in Forschung und Lehre eingebunden werden. Wie Christiane Krüger in der Deutschen Universitäts-Zeitung (14/01) berichtet, formiert sich dagegen unter den bereits Habilitierten Protest. Sie fürchten als „verlorene Generation“ wegen ihres zu hohen Alters von Bulmahns Dienstrechtsreform selbst nicht mehr profitieren zu können und prophezeien ein Absinken wissenschaftlicher Qualität, da bei den Juniorprofessoren die Forschung zu kurz kommen werde.

 

Schule: Auf eigene Stärken besinnen

OSNABRÜCK. In England sei man dabei, das Gesamtschulsystem zu Grabe zu tragen. In Frankreich würde Jack Lang gern vom Einheitsschulgedanken Abschied nehmen, stößt aber noch auf Widerstände der Lehrergewerkschaften. In den USA, wo man die Schule stets mehr als Sozial- denn als Bildungsanstalt verstanden hat, hat man damit zu kämpfen, daß in einigen Schulbezirken siebzig Prozent der Zehnjährigen nicht fließend lesen können. In Japan besuchen zwei Drittel der Achtkläßler private Nachmittagsschulen, was einem „Bankrott des öffentlichen Schulsystem“ gleichkomme. Weltweit spüre man die Folgen „spaßbetonen Lernens“. Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Josef Kraus, verbindet diese Bilanz mit einem Appell, sich in Deutschland wieder auf die eigenen Stärken zu besinnen (Die politische Meinung Nr. 380/01): Zurückdrängung der Gesamtschule, Reorganisation des differenzierten Schulsystems, Abschied von der „kindzentrierten Schule“, die den Autismus fördere und „Selbstdisziplin, Selbstkritik, Selbstlosigkeit“ verkümmern lasse. Kraus plädiert für eine Konzentration auf Fächer und Inhalte und die Abkehr vom „einseitigen Nützlichkeitsdenken in Bildungsfragen“.

 

Aspekte polnischer Kollaboration ab 1939

WIESBADEN. In Publizistik, den Vierteljahresheften für Kommunikationsforschung (2/01), hat Klaus-Peter Friedrich seine 1997 erstmals präsentierten Untersuchungen über „Kollaboration und Antisemitismus in Polen unter deutscher Besatzung“ um einen Aspekt erweitert. Friedrich gibt einen Überblick über die „deutsche polnischsprachige Presse im Gerneralgouvernement“ und geht auch der Frage nach, welche Wirkungen die Meinungsproduktion der Besatzungspresse auslöste. Friedrich meint propagandistische Erfolge auf drei Ebenen ausmachen zu können: Es sei gelungen, die vor 1939 vorhandenen Animositäten zwischen Polen und Juden zu schüren. Dies habe zu einer partiellen, gegen die jüdische Bevölkerung gerichteten polnischen Kollaboration mit den Deutschen geführt und habe noch die kollektive Psyche nach 1945 beherrscht, die sich in „Gewalttaten gegen Überlebende der Schoa“ entladen habe. Ferner sei die antibolschewistische Propaganda besonders nachhaltig bei jenen Polen auf fruchtbaren Boden gefallen, die die sowjetische Okkupation des Landes (1939/41) erlebt hätten. Und schließlich hätten die Deutschen jenen Teil der polnischen Elite diskreditiert, der für Kriegsniederlage und die Katastrophe der Besatzung des Landes verantwortlich gewesen sei.


 
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