© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/01 31. August 2001

 
WIRTSCHAFT
Eurostärke dank Dollarschwäche
Bernd-Thomas Ramb

Großer Jubel bei den unerschütterlichen Euro-Apologeten: Seit Juli steigt der Wert des EU-Geldes gegenüber dem Dollar an. Statt 2,30 Mark sind nur noch 2,11 für einen Dollar zu bezahlen, wenn die auslaufende D-Mark noch einmal als Referenz herangezogen wird. Euro-Fans schwärmen sogar schon von einer bevorstehenden Euro-Dollar-Parität, als ob die prestigeträchtige Einszueins-Relation ein ungeschriebenes Gesetz ökonomischer Gerechtigkeit wäre. Gleichzeitig verbreitet sich der Eindruck, die Zeiten der Euroschwäche seien unwiderruflich vorbei und die Eurokritiker endlich in die ihnen gebührende Ecke des fortschrittsfeindlichen Nörglers verwiesen.

Tatsächlich beruht jedoch das Euro-Hoch auf akuter Dollarschwäche. Die Überwindung der amerikanischen Wirtschaftsrezession erfordert wesentlich mehr Zeit als erwartet und fundiertere Voraussetzungen als die permanenten Minizinssenkungen der US-Notenbank. Zwar befindet sich auch die europäische Wirtschaft auf einem steilen Abwärtspfad, weltwirtschaftlich ist dies jedoch nicht so relevant wie der amerikanische Wachstumsstillstand. Gewinnt die Welt wieder Vertrauen in die steigende Wirtschaftskraft der USA, schnellt der Dollarwert ebenso steil nach oben, wie der Eurokurs wieder in den Keller rauscht. Es wäre fatal, wenn die vorübergehende Eurostärke die Politiker dazu verleiten würde, ihre ohnedies recht halbherzigen Anstrengungen zur Reform der Wirtschafts- und Sozialstruktur wieder einschlafen zu lassen. Soll der EU-Wirtschaftsraum wirklich an Unabhängigkeit gegenüber der Wirtschaftsmacht USA gewinnen, ist nicht eine gemeinsame Währung entscheidend, sondern eine konzertierte Reform der sozialistisch verkrusteten Volkswirtschaften. Der Eurokurs ist nur im Vergleich zweier starker Wirtschaftsräume von Interesse.


 
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