© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/01 07. September 2001

 
Frisch gepreßt

Marwitz. Es gibt historische Gestalten, von denen im Bewußtsein kaum mehr als ein markantes Wort überliefert blieb. Die Erinnerung an den preußischen Aristokraten Friedrich August Ludwig von der Marwitz lebt in dessen Wendung fort: „... wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte.“ Daß er mit dieser Grabinschrift eine Insubordination seines Onkels gegenüber dem „Alten Fritz“ und nicht eigenen Ungehorsam adelte, weiß das historische Gedächtnis nicht mehr so genau. In der Habilitationsschrift des Essener Historikers Ewald Frie wird die Biographie des märkischen „Junkers“ in mehrere Abschnitte aufgelöst: die des Höflings, des Gutsherren, Offiziers und Politikers. Nicht selten verliert er sich dabei im sozialhistorischen Detail und in der Faktenfülle der ausgewerteten Akten des brandenburgischen Landeshauptarchivs („Friedrich August Ludwig von der Marwitz 1777-1837. Biographie eines Preußen“, Schöningh Verlag, Paderborn 2001, 382 Seiten, Abb., 68 Mark).

Strafjustiz. Der ehemalige Frankfurter Staatsanwalt Erich Schöndorf zieht anhand seiner zwanzigjährigen Erfahrungen ernüchtert Bilanz über die gesellschaftspolitische Relevanz der Strafjustiz. Er beobachte einen Rückzug aus sozial und wirtschaftlich relevanten kriminalpolitischen Feldern wie dem Rauschgifthandel und der Wirtschaftskriminalität. Umso abstruser wirke der Verfolgungseifer der Strafjustiz gegenüber Kleinkriminellen, beispielhaft verkörpert vom bornierten Recht-und-Ordnung-Fanatismus des Hamburger Richters Ronald Schill, der mit drakonischer Bestrafung von Bagatelldelikten selbst ein bizarres Mißverhältnis zum Strafmaß von alkoholisierten Todesfahrten entstehen läßt. Ob Schöndorfs „Neue Justiz“ die herrschende Rechtspraxis verändern wird, ist zweifelhaft („Strafjustiz auf Abwegen. Ein Staatsanwalt zieht Bilanz“, Fachhochschulverlag, Frankfurt 2001, 240 Seiten, 26 Mark).

Morgenland. Den Ursachen und Schwierigkeiten immer stärkerer Migration aus den Maghrebstaaten geht die interdisziplinäre Arbeit unter Federführung Michaela Kollers auf den Grund. Sechs weitere Wissenschaftler beleuchten das für Europa wichtige Problem umfassend aus verschiedenen Perspektiven („Migration aus Nordafrika“, Deutsche Hochschuledition Nr. 94, Neuried 2000, 135 Seiten, 58 Mark).


 
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