© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    37/01 07. September 2001

 
Meldungen

Mut zur Seemacht: Umbau der Marine

HAMBURG. Militärwissenschaftliche Untersuchungen erscheinen heute nur in Zeitschriften, die kaum als „Bückware“ zu erhalten sind. Dies hängt vor allem mit dem geostrategischen Bruch nach 1945 zusammen. In Europäische Sicherheit (7/01), dem Organ der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, zeigt Korvettenkapitän Klaus Karrasch die Zukunftsperspektiven der Bundesmarine auf. Sie weisen auf einen revolutionären Umbau der Bundeswehr von der Verteidigungs- zur Interventionsarmee hin. Karrasch zeigt an den Schwerpunkten der Flottenplanung und -rüstung bis 2006, wie nachhaltig die bisher auf Nord- und Ostseeverteidigung beschränkte Bundesmarine auf einen Einsatz an fernen, fremden Küsten umstrukturiert wird. Herzstück der neuen Seestreitmacht werden Einsatzgruppenversorger und mit Flugkörperabwehrsystemen ausgestattete Fregetten der Klasse 124 sein. Zugleich sei der „Einstieg in neue Technologien“ bereits eingeleitet, um die Führungs- und Einsatzfähigkeit der Flotte über weite Distanzen zu verbessern. Mit der Korvette Klasse 130, die 2006 der Flotte zulaufen und die wesentlich kleineren Schnellboote ersetzen soll, werde man auch in der Lage sein, „von hoher See kommend“ Landungsoperationen wirksam zu unterstützen.

 

Realitätsverlust an der Heimatfront

STUTTGART. Einem Witz zufolge hatte die Creme der habsburgischen Literaten, vornweg Hugo von Hofmannsthal und Rainer Maria Rilke, sekundiert vom „Titularfeldwebel“ Stefan Zweig, im Wiener Kriegsarchiv einen Prachtband vorbereitet: „Österreich-Ungern in Waffen“. Der Innsbrucker Literaturhistoriker Eberhard Sauermann ist dieser Form von publizistischem Heimatfront-Dienst des „Heldenfrisierens“ am Beispiel Hofmannsthals auf den Grund gegangen (Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 2/01). Der von Hofmannsthal edierte, 1916 veröffentlichte „Österreichische Almanach“ zeige, daß es den k. u. k.-Dichtern bei ihrem literarischen Kriegsdienst natürlich um etwas anderes ging als um Drückebergerei. Gerade Hofmannsthal strebte auch über die Produktion bloßer Kriegspropaganda hinaus. Er habe - sich selbst als Dichter-Seher und „wahrer Führer des Volkes“ stilisierend - die Habsburgermonarchie als ein aristokratisch-katholisches Reich der Heiligkeit verklärt. Angesichts des kriegsbedingten Zerfalls des Vielvölkerstaates offenbarte, so Sauermann, dieses Politikverständnis fehlenden Sinn für die Notwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft und verschrieb sich einer „untergangsreifen Epoche“.

 

Nuancenreiches über Theodor Fontane

BERLIN. Im preußischen Jubiläumsjahr widmet die Literaturzeitung Berliner LeseZeichen (5/01) dem politischen Schriftsteller Theodor Fontane ein Themenheft. Darin befassen sich die Historiker Dietmar Storch und Frank-Lothar Kroll mit dem Verhältnis des märkischen Wanderers zur Reichsgründung und zur Person des ersten Reichskanzlers. Obwohl Otto von Bismarck für den Dichter eine ambivalente Figur blieb, eine Mischung aus „Übermensch und Schlauberger“, und obwohl dessen Schöpfung, das Zweite Kaiserreich, ihm innenpolitisches Unbehagen bereitete, läßt sich der Erz-Preuße nicht als Kritiker von „Neu-Deutschland“ vereinnahmen. Zweifellos habe auch Theodor Fontanes Mißbehagen am „Borussismus“ nach 1871 zugenommen, doch die seit 1848 ersehnte staatliche Einigung blieb für ihn „sankrosankt“. Mindestens ebenso nuancenreich, befindet Henry H. Remak, sei Fontanes Verhältnis zum Judentum (siehe JF 49/00) gewesen, das er hoch geschätzt, aber „nicht eigentlich sympathisch“ gefunden habe.


 
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