© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/01 14. September 2001

 
Ulbrichts erste Militärkader
Wehrmacht und NVA
Matthias Bäkermann

Daß die Bundeswehr in ihrer Gründung vielfach auf „Ehemalige“ aus der Wehrmacht zurückgegriffen hat und es in den ersten Jahren nur wenige Stabsoffiziere und ältere Unteroffiziere gab, die nicht in der Wehrmacht oder teilweise sogar der Waffen-SS dienten, ist kein Geheimnis. Dieser Zustand wurde in der „antifaschistischen“ DDR oft genug als Beweis für die Kontinuität der Bundeswehr als „Faschistenarmee“ angeführt.

Doch auch die DDR war beim Aufbau ihrer Armee auf ehemalige Wehrmachtssoldaten angewiesen, wie der ehemalige Redakteur des Deutschlandfunks Peter Joachim Lapp in seinem Buch aufzeigt. Bereits nach Gründung der DDR wurde bei der Aufstellung der Kasernierten Volkspolizei (KVP), der militärisch ausgebildeten Vorläufertruppe der Nationalen Volksarmee, auf die „Aktion 5 plus 100“, fünf Wehrmachtsgenerale und 100 Offiziere, zurückgegriffen. Allerdings berief man bei den aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft Wiedergekehrten ausschließlich dem „Nationalkomitee Freies Deutschland“ nahestehende Soldaten. Sicherlich wurde die Existenz dieser für die Gründung der NVA wichtigen Armeekader in der DDR verschwiegen und deren Leistung minimalisiert. Daraus zieht Lapp jedoch die falschen Schlüsse. Obwohl er bereits in der Einleitung darauf hinweist, daß die Rolle der ehemaligen Wehrmachtsoffiziere ungleich kleiner war als in der Bundeswehr, liest man zwischen den Zeilen immer den erleichterten Unterton: „Die von drüben haben auch Dreck am Stecken.“

Dabei ist die Betrachtung gut recherchiert und mit vielen Fakten belegt. Übrig bleibt die Frage, wie die DDR eine Armee aufbauen konnte, ohne sich der Erfahrung vieler kriegsgedienter Offiziere zu bedienen. Nur fünf Prozent in der KVP waren „Ehemalige“, in der Hauptabteilung für die Ausbildung, gerade einmal ein Prozent. Woher kamen also die anderen Gründer der NVA? Diese Frage bleibt unbeantwortet und verleiht so der Propaganda von der „antifaschistischen Armee“ eher noch Glaubwürdigkeit.

 

Peter Joachim Lapp: Ulbrichts Helfer. Wehrmachtsoffiziere im Dienste der DDR. Bernard&Graefe, Bonn 2000, 244 Seiten, 48 Mark


 
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