© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/01 21. September 2001

 
Für und Wider
Die Kritik der „anderen Parteien“ am Nato-Bündnisfall
Christian Anders

Mit Entsetzen und Anteilnahme haben auch die kleineren Parteien auf die jüngsten Terroranschläge in den USA reagiert. In einer Pressemitteilung des Bundesverbandes der Republikaner stieß die Zustimmung der „Altparteien“ zum Nato-Bündnisfall allerdings auf Kritik. Der Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, gab zu bedenken, daß der Angriff in das Herz der Weltmacht USA gezeigt hat, daß „wir nicht in der vielbeschworenen ‚einen Welt’ leben“.

Schlierer warnte vor dem „ungestörten Treiben islamischer Fundamentalisten in Deutschland“ und meinte, daß die multikulturelle Gesellschaft mit dem World Trade Center ebenfalls untergegangen sei. Daher fordert er, daß aus dem Geschehen politische Konsequenzen gezogen werden sollten. Unter anderem richtet sich seine Kritik gegen die „verfehlte Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes und Verfassungsschutzes“. Statt die Asyl- und Integrationspolitik zu überdenken, hätte der „Scheinkampf gegen Rechts“ den Attentätern vom 11. September „ungestörten Freiraum für die Planung ihrer Aktionen verschafft“.

DVU-Chef Gerhard Frey und sein Spitzenkandidat in Hamburg, Heinrich Gerlach, warnten davor „den Bazillus fremder Konflikte durch unkontrollierten Ausländerzustrom nach Deutschland zu importieren“. Der Parteivorstand der NPD ließ indes verlautbaren, daß es Aufgabe nationaler Politik sein müsse, sich „aus der Hegemonie der USA zu lösen, um nicht in den Sog ihrer verfehlten und alleinzuverantwortenden imperialistischen Politik zu geraten“. In einer Pressemitteilung wurde bekundet, daß „Gewalt kein Mittel der Politik sein darf“.

Die Landtagsfraktion der FDVP in Sachsen-Anhalt erklärte geschlossen, daß es „keinerlei Rechtfertigung für Kriege und Terror gibt“. Der Bundesverband der Deutschen Partei hingegen stellte fest, daß konsequente und massive Gegengewalt erforderlich sei, wenn sich herausstellen sollte, daß „fanatisch-religiöse Missionierungs- und Eroberungsmotive“ hinter den Anschlägen steckten. Die Ursachenforschung dürfe allerdings nicht das Problem der „erkennbar angestrebten Dominanz des Westens unter der Führung der USA gegenüber der übrigen Welt“ ausschließen. Die moralische Überheblichkeit sollte nicht in einem Racheakt gipfeln, sondern „besondere Verantwortung“ sollte die weiteren Entwicklungen bestimmen.

In einer Stellungnahme der freiheitlichen Initiative Deutschland e.V. wurde an die Bundesregierung appelliert, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen und sich möglichst aus dem Konflikt herauszuhalten. Das Friedenskomitee 2000 kritisierte die Ausrufung des Verteidigungsfalls durch die Nato und gedachte nicht nur der Opfer von New York und Washington, sondern auch der Millionen Toten von Korea, Vietnam, Hiroshima und Dresden.

Die PDS appellierte an die US- Regierung, „beim Abwägen ihrer Reaktion das Maß an Verantwortung für die Erhaltung des Friedens an den Tag zu legen, das einer Großmacht wie der USA zusteht“. PDS-Chefin Gabi Zimmer sowie der Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion, Roland Claus, erklärten einen Tag nach der Katastrophe, daß die Zustimmung der Bundesregierung zum Bündnis- und Beistandsfall nach Artikel 5 des Nato Vertrages „rechtlich fragwürdig“ sei. Artikel 5 stünde für den Fall einer Aggression eines Staates gegen einen Bündnispartner, nicht für den Fall eines kriegerischen Angriffs einer terroristischen Gruppierung.

In einer Pressemitteilung der KPD war zu lesen, daß „die US-Regierung sich seit Jahrzehnten das Recht herausnimmt, überall in der Welt, wo es ihr genehm ist, ihrerseits Terroranschläge zu verüben und ebenfalls unbeteiligte Zivilisten zu töten“. In Unsere Zeit, dem Organ der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), wurde hingegen darauf hingewiesen, daß die USA „nun das ernten, was sie seit langem gesät haben“.


 
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