© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/01 05. Oktober 2001

 
Konsens ist möglich
Gespräch mit dem Steffel-Berater Alexander Prechtel
Christian Anders

Herr Dr. Prechtel, Sie sind Mitglied im Berater-Team des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Frank Steffel. Wie will die CDU eine Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl am 21. Oktober verhindern?

Prechtel: Das kann nur der Wähler verhindern! Die CDU kann dem Wähler zur Seite stehen, indem sie ein gutes Programm präsentiert. Dann mag der Wähler entscheiden, ob er das für überzeugend hält oder nicht.

Die CDU war lange Jahre in Berlin in der Regierung, hat die innere Sicherheit aber nie richtig in den Griff bekommen.

Prechtel: In einer Koalition gibt es mehrere Partner. Gerade bei der inneren Sicherheit ist von seiten der SPD im Rahmen der Koalition immer wieder sehr massiv die Bremse gezogen worden. Da ging es um die Frage der Ausstattung und Motivation der Polizei, und schließlich wurde nach jeder Mai-Demonstration die Polizei von der SPD als der „Buhmann“ hingestellt. Die Thesen, die allerdings in der SPD heute vertreten werden, hätten vor Jahren noch eventuell zu einem Parteiausschluß geführt. Ich weiß selber noch aus meiner Tätigkeit als Sprecher des Generalbundesanwalts in Karlsruhe, wie wir um den Paragraphen 129 b Strafgesetzbuch (Anti-Terrorparagraph, d. Red.) gekämpft haben, weil die SPD dies über 20 Jahre hinweg verhindert hat. Handstreichartig ist nun plötzlich alles anders. Otto Schily ist wirklich vom Saulus zum Paulus geworden. Ich glaube, daß der Konsens der Parteien, was innere Sicherheit anbelangt, heute sehr viel größer ist, als er es noch vor einem halben Jahr war.

Die Wahl in Hamburg hat gezeigt, daß man mit „rechten Themen“ wie „innere Sicherheit“ erstaunliche Wahlerfolge erzielen kann. Sollte sich nicht auch die Union mutiger mit solchen Themen beschäftigen?

Prechtel: Ich glaube nicht, daß das rechte Themen sind. Ronald Schill hat in vielen Punkten recht. Er hat das Anliegen der Bevölkerung auf den Punkt gebracht. Schill sieht, daß die Justiz von der Politik allein gelassen worden ist. Die Politik hat sich zu sehr von der wirklichen Meinung im Volk entfernt. Einen größeren Schwerpunkt auf innere Sicherheit legen ist für mich kein Frage von „rechts“ oder „links“. Wenn ich vor lauter Interesse am Täter überhaupt nicht mehr nach dem Opfer frage und den Täter in Form eines „justizpolitischen Experiments“ wieder auf die rechtstreuen Bürger loslasse, nur weil man allzu großzügig mit einem Straftäter umgegangen ist, dann verstehe ich den Bürger, der sagt: „Ich möchte vom Staat geschützt werden“. Ich möchte als Bürger auch selber das Recht haben zu bestimmen, wie meine Hauswand aussieht. Ich möchte auch keine Diskussion darüber, ob Graffiti nun Kunst ist oder nicht - es ist Sachbeschädigung. Da muß der Staat reagieren. In Berlin brauchen wir dafür keinen Schill, in Berlin haben Sie einen Alexander Prechtel.

Ist es nicht ein Offenbarungseid, daß es erst eines Schills bedarf, um die CDU an diese Volksferne zu erinnern?

Prechtel: Natürlich sind Fehler gemacht worden. Es ist allerdings auch eine Meisterleistung der SPD, daß sie sich derartig aus der Verantwortung gestohlen hat. Die SPD hat ja ganz genauso mitregiert.

 

Dr. Alexander Prechtel, 55, ist justizpolitischer Berater des Berliner CDU-Spitzenkandidaten Frank Steffel. Der ehemalige Sprecher von Generalbundesanwalt Kurt Rebmann war von 1990 bis zu seiner Entlassung durch die SPD/PDS-Landesregierung 1999 Generalstaatsanwalt von Mecklenburg-Vorpommern. Heute ist er CDU- Kreischef in Rostock, wo er sich im April 2002 der Wahl für das Bürgermeisteramt stellen will.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen