© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/01 19. Oktober 2001

 
Ab nach Italien
Südtirol: Peter Paul Rainer kann ausgeliefert werden
Jörg Fischer

Der wegen Mordes an dem Südtiroler Landtagsabgeordneten Christian Waldner verurteilte Peter Paul Rainer wird voraussichtlich im nächsten Monat von Wien nach Italien ausgeliefert. Das Oberlandesgericht in Wien entschied in der vorigen Woche, daß die Auslieferung des Gründungsmitglieds der Freiheitlichen Partei in Südtirol und Ex-Vorstandsmitglieds der Südtiroler Schützen zulässig sei. Damit wird erstmals ein Südtiroler von Österreich an Italien ausgeliefert. Nur der österreichische Justizminister Herbert Böhmdorfer kann den Schritt noch verhindern.

Angesichts der Bestrebungen, die europäische Rechtsgemeinschaft zu stärken, halten Beobachter ein Veto des Ministers für unwahrscheinlich, auch wenn Böhmdorfer einst Kanzleikollege des Rainer-Anwaltes Harald Ofner war. Der Südtiroler war im Januar in der österreichischen Hauptstadt nach achtmonatiger Flucht festgenommen worden: Unmittelbar vor seiner zweiten Verurteilung am 20. Mai vorigen Jahres durch das Oberlandesgericht von Brescia/Oberitalien war er untergetaucht. Das höchste Gericht in Rom bestätigte im Februar das Urteil von Brescia. Der inzwischen rechtskräftig Verurteilte wehrte sich in Wien aber weiterhin gegen die Auslieferung nach Italien. Er wollte damit wohl erreichen, daß der Mordfall erstmals vor einem österreichischen Gericht verhandelt wird.

Seine Wiener Anwälte, Harald Ofner und Thomas Wagner, brachten vor, daß der ehemalige Südtiroler Volkstumspolitiker in Italien keine fairen Verfahren gehabt habe, insbesondere seien die Sprachbestimmungen verletzt worden. Sie argumentierten zudem, daß Rainer nicht der Täter gewesen sein könne. Der Ballistiker des bayerischen Landeskriminalamtes Dieter Stiefele sei wie zwei weitere Experten überzeugt, daß Waldner mit zwei Pistolen umgebracht worden sei. Die italienischen Richter seien jedoch davon ausgegangen, daß Rainer seinen politischen Weggefährten mit einem Gewehr erschossen habe.

Das Wiener Gericht verwies aber im Prozeß auf ein mögliches Wiederaufnahmeverfahren in Italien. Es stellte zudem fest, daß es damit keinen offensichtlichen Beweis für Rainers Unschuld gebe. Ballistische Gutachter der Verteidigung waren bisher immer von einem Gewehr als Mordwaffe ausgegangen.


 
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