© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/01 19. Oktober 2001

 
Blick in die Medien
Einmannbetrieb
Ronald Gläser

Die Terroranschläge in den USA haben den Zusammenbruch der Spaßgesellschaft bewirkt. Auf deren Trümmern verfechten noch hartnäckige und sogar bösartige Scherzkekse ihr Bedürfnis nach Fun. Sie verschicken Backpulver in Umschlägen mit der Aufschrift „Milzbrand“. Die Medien sekundieren diesen Spinnern noch, indem sie ihnen die ersehnte Aufmerksamkeit widmen. Betroffene gehen den Tätern auf den Leim und bekunden vor laufender Kamera ihren Zorn. Sinnvoller wäre es, die Verursacher zu verunsichern, indem sie ignoriert oder mit Sarkasmus konfrontiert würden. Ferner bekommt die Medienlandschaft Rückgänge bei den Anzeigenwerbung zu spüren. Und sie wandelt sich: Vanity Fair, eine Art Premium-Variante von Das Goldene Blatt, zum Beispiel. Das US-Magazin will künftig den überwiegenden Teil „ernsten“ Themen widmen. Den Startschuß bildete eine Sonderausgabe, die einfachen New Yorkern statt verwöhnten Neureichen gewidmet war. Indes ist ein neuer Stern am Himmel der globalen Medienlandschaft aufgegangen. Der Nachrichtensender al -Dschasiera macht CNN Konkurrenz. Der arabische Sender profitiert von der Abschottung Afghanistans durch die Taliban. Er hat als einzige TV-Station einen Reporter in Kabul. Ihm wurde die Ansprache Bin Ladens nach den Vergeltungsschlägen zugespielt. Auch aus afghanischen Quellen können Medien kaum schöpfen. Die einzige Nachrichtenagentur Afghan Islamic Press residiert in einer Baracke, die im pakistanischen Grenzgebiet von einem einzigen Journalisten betrieben wird. 


 
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