© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/01 02. November 2001

 
PRO&CONTRA
Rundfunkgebühren pauschal pro Haushalt erheben?
Klaus Birkenbihl / Rainer Conrad

Bleibt es bei der bisherigen Regelung für die Erhebung von Rundfunkgebühren, so ist die Frage: „Was ist ein Empfangsgerät?“ von erheblicher Bedeutung. Insbesondere in Computern, die über Internet Programme empfangen können, sehen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gebührenpflichtige Empfangsgeräte.

Aber ist eine solche Gebühr für Computer sachlich überhaupt gerechtfertigt? Sicher, dadurch, daß die Sender ihr Programm aufs Internet ausgeweitet haben, kann man im Internet - vorausgesetzt, man bringt die entsprechende Leidensfähigkeit mit - fernhören und fernsehen.

Nun kann man auch mit einem Brotmesser töten. Braucht man deshalb einen Waffenschein für Brotmesser? Computer werden ungefähr so oft zum Rundfunkempfang benutzt wie Brotmesser zum Morden. Im Gegensatz zu Rundfunk- und Fernsehgeräten verarbeiten sie Text, kalkulieren Tabellen, surfen im Netz, und die meisten von ihnen haben noch nie einen Ton Rundfunk empfangen. Sie mit einer Rundfunkgebühr zu belegen, nur weil sie technisch in der Lage sind, Rundfunk zu empfangen, ist also absurd.

Zu guter Letzt: Könnten Computer mit einer Gebühr belegt werden, stünde das nächste Opfer öffentlich- rechtlicher Begehrlichkeit schon bereit. Wie für Computer via Internet könnte man für Handies einen Service via Mobilfunk einrichten. Ob mit oder ohne UMTS: Millionen von Mobiltelefonen ließen sich damit gebührenwirksam zu Rundfunkempfängern ernennen.

Hoffen wir also, daß die Ministerpräsidenten diesem absurden Spiel einen Riegel vorschieben und sich für eine Regelung entscheiden, die jeden Betrieb und jeden Haushalt mit mindestens einem Empfangsgerät lediglich mit einer einheitlichen pauschalen Gebühr belasten. Damit wäre die Erfassung von Computern und Handies nicht mehr finanziell attraktiv.

 

Klaus Birkenbihl ist Vorstandsvorsitzender der Internet Society, German Chapter (ISOC).

 

 

Wie diese Neuregelung der Ministerpräsidenten der Länder im Detail aussehen wird, ist mir im Augenblick nicht bekannt, so kann ich mich auch nicht exakt dazu äußern. Möglich ist, daß die Länder die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten bitten werden, das einmal durchzurechnen. Dazu müssen aber zuerst die Details auf den Tisch, die wir bisher nicht haben. Da geht es um Fragen wie „Was ist eigentlich ein Haushalt?“ und „Wie es mit den Betriebsstätten im wirtschaftlichen Bereich?“ oder „Wie ist das mit der Grundgebühr und der Fernsehgebühr?“.

Fest steht eines: Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Festsetzung der Rundfunkgebühren sehen so aus, daß unabhängig - vor allem politikfrei - und sachverständig der Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten festzustellen ist. Ab 2005 wird es eine neue Gebühr geben, weil die derzeitige bis Ende 2004 läuft. Wenn der Finanzbedarf ab 2005 von der KEF festgestellt sein wird, wird sich die Frage erheben, durch wie viele Köpfe der dann durch Gebühren zu finanzierende Betrag zu teilen ist. Wenn es dabei dazu kommen sollte, daß es nach dem neuen Modell der haushaltsbezogenen Gebühr weniger sind, wird die Gebühr automatisch höher werden. Das ist nur ein Rechenmodell - klar muß jedoch sein, daß die Öffentlich-Rechtlichen durch ein neues Modell nicht benachteiligt werden dürfen, sondern den Finanzbedarf, wie er im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ermittelt ist, auch ersetzt bekommen müssen.

Wenn es also mit einer haushaltsbezogenen Gebühr weniger „Teilnehmer“ oder Zahler gäbe, dann würde für den Einzelnen mehr zu entrichten sein. Oder umgekehrt weniger, wenn der Quotient höher wäre.

 

Rainer Conrad ist Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) und Vizepräsident des Bayerischen Obersten Rechnungshofes.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen