© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/01 02. November 2001

 
Kolumne
System Sebnitz
Hans-Helmuth Knütter

Was soll man von einem politischen System halten, das wesentlich auf Hysterie beruht? Beherrschung der Bewohner durch Ablenkung vom eigenen Versagen. Nacheinander werden hysterisierend Ereignisse hochgespielt, die sich mindestens teilweise bald als Windeier erweisen. Vor Jahren war es der linke Terror der RAF, es folgten die Kampfhunde, die Sekten, BSE, besonders intensiv der Rechtsextremismus, neuerdings der islamistische Terror und der Milzbrand. Immer wird ein „innerer Feind“ ausgemacht, Bevölkerungsteile werden „ausgegrenzt“, diffamiert und bespitzelt. Die Systemfunktionäre bescheinigen sich selbst edle Motive („Aufstand der Anständigen“), stellen sich als die Wahrer allgemeiner Wohlfahrt dar und sichern zunächst mal die eigenen Posten. Aber durchschaut das Volk das Spiel ?

Zum Selbst- und Fremdbild der Völker gehören Symbolfiguren: Uncle Sam, John Bull, Marianne und der deutsche Michel. Diese Figuren sind doch recht aufschlußreich. Michel ist stark, arbeitsam, bieder, ehrlich - lauter lobenswerte Eigenschaften - aber intelligent ist er nicht. Eher ein bißchen doof, lenkbar und leicht zu verhetzen. Sonst dürfte er dem System Sebnitz kein Vertrauen entgegenbringen. Erinnern wir uns! Im Herbst 2000 haben wir eine Hysterie und Hetze gegen „rechts“ erleben müssen, in dem die Wahnvorstellungen einer Sebnitzer Bürgerin wie der Funke im Pulverfaß wirkte. Unschuldige wurden wegen des nicht begangenen Mordes an einem Kind verhaftet und das heißt: Die Justiz machte mit beim üblen Treiben. Sogar der Bundeskanzler vollführte persönlich einen antifaschistischen Kotau. Dann platzt die ganze Mordgeschichte. Kein Mord, keine „Rechten“, nichts außer Hysterie und kollektive Wahnvorstellung. Zur Kehrseite der Hysterie gehört, daß heute vergessen ist, was gestern weltbewegend erschien. Deshalb gilt es, das Verschweigekartell zu brechen, um deutlich zu machen: Das System Sebnitz verdient kein Vertrauen. Es kann jederzeit wiederholt werden.

Deshalb wäre es der Gipfel der Dummheit des eselhaften deutschen Michels, solchen Funktionären und ihrer Justiz noch mehr Repressionsmöglichkeiten einzuräumen. Wir müßten nicht in Deutschland sein, wenn an sich billigenswerte Ziele - die Abwehr von Kriminalität und Terror - nicht mißbraucht würden. Merke: Deutsch sein heißt, eine an sich gute Sache durch Übertreibung zu verderben und ins Gegenteil zu verkehren. Linke Despotie kommt, als Fürsorge für die Sicherheit der Bürger getarnt, durch die Hintertür. Paßt bloß auf !

 

Prof. Dr. Hans-Helmuth Knütter lehrte Politikwissenschaft an der Universität Bonn.


 
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