© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/01 02. November 2001

 
Torpedoboot rammt Musikdampfer
Im Konkurrenzkampf zwischen „Frankfurter Allgemeine“ und „Welt am Sonntag“ geht die erste Runde nach Berlin
Thorsten Thaler

Im Kampf der Sonntagszeitungen geht die erste Runde eindeutig nach Berlin, zur Welt am Sonntag (WamS). Die neue Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), die seit Anfang Oktober angetreten ist, der Springer-Zeitung den Rang abzulaufen, bleibt zweite Wahl. Ihr Konzept der „neuen Flockigkeit“, mit dem sie die Welt am Sonntag auf der Schiene der Spaßgesellschaft links überholen wollte, ist nicht aufgegangen. Die Zeiten sind zu ernst dafür.

Während die WamS sich voll den Ereignissen stellte, manchmal fast wie ein publizistisches Torpedoboot daherkam und scharfe politische Köpfe wie Heimo Schwilk wieder ausführlich zu Wort kommen ließ, gondelte die FAS als harmloser Musikdampfer herum und bot, vor allem in den Ressorts Gesellschaft und Feuilleton (die Aufmacher-Überschriften der letzten Ausgabe: „In Spaßgewittern“, „Mehr Ironie wagen!“ sind offenbar programmatisch gemeint), ein grauenhaftes Potpourri aus politischer Korrektheit und süffisantem Gerede. „Höhepunkt“: Heinz Rühmann wurde an Hand von völlig abgestandenen Entnazifizierungspapieren und einem nichtigen Foto, das ihn nach dem Kriege zusammen mit Walter Ulbricht zeigt, posthum als Nazi und als Stalinist entlarvt.

Die Leute haben Sorgen. Aber vielleicht lernen sie aus ihren Fehlern; learning by doing, wie es so schön heißt. Nach nur vier Ausgaben läßt sich noch kein endgültiges Urteil fällen. Soviel aber scheint schon festzustehen: Der Zeitungs-Sonntag der Deutschen ist durch die FAS nicht anregender geworden. Nun wartet man auf die bereits angedrohten Sonntagsausgaben von Spiegel und Focus. Dann werden die Karten noch einmal neu gemischt. 


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen