© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/01 09. November 2001

 
Meldungen

Kieler Theologe kritisiert Synode

RENDSBURG. Auf ihrer Herbstsynode hat sich die Nordelbische Ev.-Lutherische Kirche in einer „Erklärung über das schuldhafte Handeln“ wieder einmal zu ihrem Anteil an der „Entstehung des völkischen Antisemitismus“ bekannt. Grundlage der Erklärung war eine 1998 in Auftrag gegebene Forschungsarbeit des Kieler Historikers Stephan Linck, deren Resultate bis zum Frühjahr 2002 in einer Wanderausstellung gezeigt werden sollen. Einer geschickten Tagungsregie gelang es, die Aufmerksamkeit der 140 Synodalen von der Stellungnahme des Kieler Alttestamentlers Ulrich Hübner abzulenken, der sich gegen eine derartig „peinliche wie charakterlose Anbiederung an Juden“ und solche „litaneiartigen Selbstbezichtigungen“, wie sie seit „Jahrzehnten“ von protestantischen Kreisen gepflegt werden, aussprach. Der Hochschullehrer forderte die Synodalen dagegen zur „Solidarität mit Christen in Palästina“ und mit Muslimen auf, die von Israel seit 1948 „entrechtet und benachteiligt“ würden. Hübner forderte, daß die Nordelbische Kirche zur „Unterdrückung und Ermordung von Christen und Muslimen durch Juden“ nicht länger schweigen möge.

 

Das Bild der UdSSR in der Wehrmacht

STUTTGART. Das NS-Propagandabild vom „jüdischen Bolschewismus“ und „slawischen Untermenschentum“ habe in der Wehrmacht nie richtig Fuß fassen können. Zu diesem Resultat gelangt eine Studie des jungen Basler Historikers Jochen Janssen über das Bild von Rußland, der Sowjetunion und dem Bolschewismus (Osteuropa, 1/01), wie es dem deutschen Soldaten zwischen 1933 und 1945 in den Schulungsmaterialien vermittelt wurde. Dabei kann Janssen erhebliche Differenzen zwischen den Einschätzungen der innen- und außenpolitischen Situation der UdSSR aufzeigen, wie sie sich in den parteiamtlichen Verlautbarungen und Schriften einserseits und den Schulungsmaterialien sowie den Militärzeitschriften anderseits niederschlagen. Bei der Wehrmacht verzichtete man auf die im Parteischrifttum übliche Identifizierung von Bolschewismus und Judentum. Militärzeitschriften wie das altehrwürdige Militärwochenblatt hätten sich - im Gegensatz zur Parteipresse - um eine weltanschaulich abstinente, nüchtern-pragmatische Bewertung des östlichen Nachbarn bemüht. Auch während des Rußlandfeldzuges habe die „Untermenschen“-Hetze nur wenige Monate eine Rolle gespielt. Ab 1942, mehr in der Kontinuität des seit 1933 vermittelten Rußlandbildes denn als Folge militärischer Rückschläge, hätten die Publikationen der Wehrmacht dann im russischen Soldaten einen gleichwertigen Gegner, in den Gefangenen und in der Bevölkerung des besetzten Landes potentielle Bündnispartner im Kampf gegen Stalins System gesehen.


 
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