© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001

 
„Ich verbitte mir jeden Vergleich mit Haider“
Interview: Ronald Schill über Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung in Hamburg, die Ausdehnung seiner Partei und seinen politischen Standort
Eric Weber

Herr Schill, welche Sofortmaßnahmen stellen Sie sich vor, wenn Sie als Innensenator in Hamburg die Verantworttung für die innere Sicherheit tragen?

Schill: Eines der ersten Ziele wird die Abschaffung der Polizeikommission sein. Allgemein ist es wichtig, der Hamburger Polizei den Rücken zu stärken. Die Idee, die Polizeiuniform zu ändern, beruht auf diesem Hintergrund. Nur wenn die Polizisten eine vernünftige und repräsentative Ausrüstung haben, können sie die Aufgaben, die an sie gestellt sind, erfüllen. Es wird ein verstärktes Vorgehen gegen Drogendealer geben. Wir werden eine repressive Politik verfolgen, also alle Härte gegen Dealer, so wie das Betäubungsmittelgesetz das auch vorsieht, mit Mindeststrafen von einem Jahr. Zusätzlich wollen wir Hilfe für die Süchtigen. Zur Beweisgewinnung werden wir für Dealer, die in Plastik eingeschweißtes Kokain oder Crack im Mund aufbewahren, konsequent Brechmittel einsetzen, so wie das bereits in Bremen und Frankfurt erfolgreich geschehen ist. Und wir werden ein geschlossenes Heim einrichten für den harten Kern jugendlicher Intensivgewalttäter und Intensivdealer. Wir werden auch dem Unwesen Einhalt gebieten, daß sehr viele Schwarzafrikaner nach Hamburg kommen, ihre Personalpapiere wegwerfen und behaupten, sie wären 15 Jahre alt. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Leute wird dann als Straßendealer tätig. Werden sie erwischt, fallen sie unter das milde Jugendstrafrecht. Auch dem muß Einhalt geboten werden, indem wir diese Täter in geschlossene Einrichtungen einweisen.

Fürchten Sie nicht, daß die alten rot-grünen Seilschaften im Polizei- und Justizapparat Ihre Bemühungen sabotieren?

Schill: Wir werden einige entscheidende Positionen personell neu besetzen, wie zum Beispiel die Funktiondes Polizeipräsidenten. Sollten wir feststellen, daß es einige Mitarbeiter gibt, die bewußt unsere Politik sabotieren, dann werden wir sofort handeln.

Sind Sie der Meinung, daß lebenslange Strafen für besonders gefährliche Täter auch wieder „lebenslang“ im Wortsinn bedeuten sollten?

Schill: In Einzelfällen muß überlegt werden, ob eine lebenslange Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt oder in einem Gefängnis sinnvoll wäre. Wenn Straftäter wiederholt grausame Straftaten begehen, wie zum Beispiel Mord und Vergewaltigung, dann muß die Öffentlichkeit vor solchen Leuten geschützt werden. Zumindest müssen die Vollzugslockerungen, wie Freigang und Urlaub drastisch eingeschränkt werden. Es darf nicht mehr passieren, daß Vergewaltiger während ihres Freigangs weitere Vergewaltigungen verüben können. Der Schutz der Öffentlichkeit, besonders der unserer Kinder, darf nicht gefährdet werden.

Wie stehen Sie zur Abschiebung kriminell gewordener Ausländer?

Schill: Ich habe schon im Wahlkampf gefordert, daß Ausländer, die schwere Straftaten begehen, konsequent abgeschoben werden. Jeder Asylbewerber, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, muß das Land wieder verlassen. Das Gesetz sieht vor, daß Ausländer, die eine schwere Straftat begehen, abgeschoben werden können. Wir werden die uns von dem Gesetz gegebenen Möglichkeiten umsetzen.

Haben Sie sich schon entschieden, ob Sie zur nächsten Bundestagswahl antreten?

Schill: Im Moment gilt meine ganze Konzentration meinen Aufgaben in Hamburg. Unsere Partei dehnt sich zur Zeit weiter aus. Nach und nach werden Landesverbände in anderen Bundesländern gegründet. Ob meine Partei zur Bundestagswahl antritt, wird zu einem späteren Zeitpunkt geklärt.

Sie haben gesagt, daß Hamburg so sicher werden soll wie Stuttgart oder München. Wie wollen Sie sich dann bei einem bundesweiten Antreten Ihrer Partei von der Union abheben?

Schill: Auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik gibt es sicherlich Übereinstimmungen mit der CDU, bzw. kann ich insbesondere meinen Kollegen aus Bayern oder Sachsen ein Kompliment für ihre Politik aussprechen. Aus den Briefen und Anrufen der vielen Menschen aus ganz Deutschland ist aber zu erkennen, daß es Themenfelder gibt, bei denen viele Menschen unzufrieden sind. Wenn wir in anderen Bundesländern antreten, dann werden auch andere Themen als die Innere Sicherheit Wahlkampfschwerpunkt sein. Arbeitslosigkeit ist in den neuen Bundesländern ein enorm wichtiges Thema, das wir auf jeden Fall als eines der Schwerpunktthemen im Wahlkampf besetzen werden.

Vom politischen Gegner und den Medien werden Sie als „Rechtspopulist“ dargestellt, als eine Art deutscher Haider. Wie kommen Sie mit dieser Etikettierung zurecht?

Schill: Ich verbitte mir jeden Vergleich mit Jörg Haider, da er sich nicht von den Verbrechen des Dritten Reichs ausreichend distanziert hat. Es war im Wahlkampf ein probates Mittel des ehemaligen Senats, mich als „Rechtspopulisten“ darzustellen, und mich und meine Partei in eine „rechte“ Schublade zu packen, um sich einer argumentativen Auseinandersetzung mit uns zu verweigern. Der Versuch, mich in die „rechte Ecke“ zu stellen, war nur ein Versuch von Rot-Grün, um die drohende Wahlniederlage zu verhindern.

In Deutschland scheint es verboten zu sein, sich auf dem rechten Flügel zu positionieren. Wie soll eine ausgleichende und umfassende Demokratie funktionieren, wenn nur Linke und Mitte in den Parlamenten vertreten sind?

Schill: Ich würde mich und meine Partei nicht als rechts bezeichnen. Ich bin grundsätzlich liberal. Nur bei Verbrechern hört meine Liberalität auf. Ich würde das Funktionieren unserer Demokratie auch nicht an einer bestimmten politischen Richtung festmachen. Wichtig ist, daß die Politik die Bedürfnisse und Meinungen der Bevölkerung wahrnimmt und berücksichtigt, und ihre Politik daran ausrichtet.

 

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