© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001

 
Der tiefe Fall von Schmidt und Consorten
Schmidtbank-Pleite: Wie beispielhaft das Bankensterben ein kleines Geldhaus erfaßt
Bernd-Thomas Ramb

Die SchmidtBank ist auch in Zukunft ein kompetenter und verläßlicher Partner. Die Bankgeschäfte der SchmidtBank KGaA laufen in allen Filialen uneingeschränkt und allumfassend weiter. Die Bank arbeitet unter keinerlei behördlichen Restriktionen. Die Kundeneinlagen waren und sind nicht gefährdet.“ Offene und optimistische Worte zur aktuellen Situation auf den Internetseiten der Fränkischen Privatbank, die vor mehr als 170 Jahren in Wunsiedel im Fichtelgebirge an der tschechischen Grenze gegründet wurde und zuletzt mit 1.900 Mitarbeitern 125 Niederlassungen in Bayern, Sachsen und Thüringen unterhalten hatte - nicht zu vergessen die Repräsentanzen in Pilsen und Karlsbad und eine Schweizer Dependance in Zürich. Ein rechter Gemischtwarenladen war im Laufe der Zeit entstanden, denn die Bank bietet mit ihren zehn Gesellschaften neben den üblichen Geldgeschäften zusätzlich unter anderem Immobilienberatung und -verwaltung, Versicherungsdienste, Kapitalanlagen und eine Mittelstandsbeteiligungsgesellschaft an.

Besonderes Furore machte jedoch der Junior des Hauses, Karl Matthäus Schmidt, der 1994 die Firma Consors gründete, einen sogenannten „Online-Broker“, der den Internetnutzern einen preisgünstigen Zugang zum Aktienhandel bietet. Rechtlich unabhängig von der SchmidtBank wird Consors gleichwohl in den Strudel des drohenden Bankrotts hineingezogen, denn Vater Schmidts Bank hält zwei Drittel der Consorsanteile. Nachdem Mitte des Jahres in der SchmidtBank ein Wertberichtigungsbedarf von angeblich 400 Millionen entstanden ist und das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen sich zum Einschreiten gezwungen sah, versuchte die Schmidt-Familie zunächst ihre Anteile an Consors zum Verkauf anzubieten. Das Problem ist jedoch, einen Käufer zu finden, der einen halbwegs akzeptablen Preis zu zahlen bereit ist. Consors verzeichnet nämlich selbst seit geraumer Zeit zunehmend rötere Zahlen. Verluste machen zwar alle drei namhaften deutschen Online-Broker, nur stehen hinter den beiden Konkurrenten von Consors relativ finanzstarke Muttergesellschaften. Beim Branchenführer DirektAnlageBank ist es die bayerische Hypovereinsbank und bei Comdirekt die Commerzbank. Die hinter Consors stehende SchmidtBank kann da gerade in der aktuellen Situation nicht mithalten.

Erste Gespräche von Consors mit den beiden Konkurrenten scheiterten schnell. Wer will schon, wenn er selbst mit tiefroten Zahlen zu kämpfen hat, einen zusätzlichen Verlustproduzenten übernehmen. Das Motiv, dadurch einen Wettbewerber auszuschalten, besitzt ebenfalls keine Überzeugungskraft, wird doch der Konkurrent aller Voraussicht nach bald von sich aus die Segel streichen. Zumal sich die Preisvorstellungen der Schmidt-Familie an der vorjährigen Börsennotierung von Consors orientieren. Inzwischen ist jedoch der Kurs der Consors-Aktie von 120 auf magere zehn Euro abgestürzt. Zur Zeit ist allein der französische Discountbroker Fimatex, eine Tochter der französischen Großbank Société Général, an den angeblich 500.000 Consors-Kunden interessiert. Allerdings dürfte sich auch deren Kaufpreisvorstellung auf Discount-Niveau bewegen.

Der SchmidtBank drohte daher bis vor kurzem die Schließungsanordnung des Bundesaufsichtsamts. Hilferufe an die bayerische Staatsregierung verhallten weitgehend ungehört. Schließlich sind den Regierungsamtlichen noch gut die Watschen in Erinnerung, die sie von der EU-Kartellbehörde erhielten, als sie Anfang des vergangenen Jahres das ebenfalls marode Stahlwerk Maxhütte mit einem Staatskredit retteten. Nicht verschließen wollte sich die bayerische Staatsregierung jedoch dem Ansinnen, statt der Auflösung eine Auffanglösung zu suchen. Seit dem 23. November ist dies nun amtlich: „Eine Auffanggesellschaft übernimmt vom Hauptaktionär, der Familie Schmidt, die Anteile an der Bank und wird eine Neustrukturierung durchführen. Das Bankgeschäft läuft uneingeschränkt weiter. In Anbetracht dieser Entwicklung sieht das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen keine Veranlassung mehr, bankaufsichtliche Maßnahmen zu ergreifen.“ So die Pressemitteilung des Bundesverbands deutscher Banken.

Interessanterweise sind die Träger der Auffanggesellschaft die Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, die Commerzbank AG, die Deutsche Bank AG, die Dresdner Bank AG sowie der öffentliche Bankensektor unter der Federführung der Bayerische Landesbank-Girozentrale. Die ersten beiden sind die Muttergesellschaften der unmittelbaren Consors-Konkurrenten. Die bayerische Landesbank gehört zur einen Hälfte dem Bayerischen Staat. Die andere besitzen die bayerischen Sparkassen, die sich langfristig bestenfalls über den „Deal“ freuen können. Zwar sträuben sie sich zunächst, einen unliebsamen Konkurrenten zu unterstützen, aber auch die Sparkassen streben mittelfristig in das langfristig profitable Geschäft des „Online-Broking“. Nun können die drei den Verkauf von Consors kontrollieren. Auch das traditionelle Bankgeschäft der SchmidtBank dürfte sich über kurz oder lang zum Wohlgefallen der konkurrierenden Auffanggesellschafter entwickeln. Schon jetzt hat die beteiligte bayerische Hypovereinsbank verlautbart, daß mit ihren fränkischen Filialen das Gebiet eigentlich auch ohne die SchmidtBank-Zweigstellen gut abgedeckt sei. Wenn das nicht wieder einen Bruderzwist zwischen Franken und Bayern hervorruft. Schau’n ma mal.

Consorschef Schmidt, Vorstand Francioni: Im Mai 2000 noch Börsen-Aufsteiger am „Neuen Markt“


 
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