© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/01 07. Dezember 2001

 
Zeitschriftenkritik: Salisbury Review
Haltung bewahren
Catherine Owermann

Neben dem üblichen Schrott an sozialistisch-liberalen Blättern und Blättchen findet sich im Regal einer britischen Universitätsbuchhandlung meist auch The Salisbury Review -The quarterly magazine of conservative thought. Die von A. D. Harvey editierte Zeitschrift benennt sich nach Robert Cecil, dem dritten Earl von Salisbury (1830-1903). Als dreimaliger Premierminister verschaffte Salisbury dem konservativen Großbritannien um die Jahrhundertwende eine Atempause, bevor Lib und Lab (Liberale und Labour) das Land ideologisch umpflügten. Wer zur Salisbury Review greift, den erwartet alte Britishness: gepflegtes Englisch, gediegene Bildung, eine Prise Ironie, understatement. Hier diskutieren Hochschullehrer, Politiker und Publizisten die fundamentalen Fragen, denen in einer schnellebigen Zeit zu wenig Beachtung zuteil wird.

In der aktuellen Ausgabe widmet sich Roger Scruton in einem wehmütigen Aufsatz dem Wandel der Universität. Als ehemaliger Professor der Philosophie beschreibt er den Untergang der schöngeistigen Akade-mien, welche „rohe Menschen zu Gentlemen formten“. Scheinbar nutzlose Dinge, tote Sprachen und die Lehre von Gott gehörten zur Elitenbildung. Im Gegensatz dazu habe die Universität von heute eine Aversion gegen klassische Bildung und Eliten. Scruton stammt selbst aus einfachen Verhältnissen und betrauert doch die Egalisierung des Universitätsbetriebs. Mit der Vermassung ginge die Ideologisierung einher. Zwar stießen einst die Aufklärer einige religiöse Dogmen um, unsere Zeit aber schuf neue Denkverbote und Tabus. Weil Scruton die Freiheit der Lehre durch politisch korrekte Sprach- und Verhaltensregelungen bedroht sah, ging er, der „nutzlose“ Philosoph in die Wirtschaft. Mittlerweile ist die von ihm gegründete Beratungsagentur in sechs Ländern erfolgreich tätig.

Einen weniger glücklichen Verlauf nahm die Karriere von Ray Honeyford. Ein Artikel in der Salisbury Review über die sozialen Verwerfungen einer multi-ethnischen Gesellschaft kostete ihn 1984 seinen Posten als Schuldirektor. „Alle Lehrer, besonders solche wie Herr Honeyford, sollten gezwungen werden, massiv Fortbildungskurse zu besuchen, um sie auf den Stand der modernen Erziehung zu bringen, sie zu reinigen von ihrer rassistischen Ideologie. Lehrer, die sich weigern, müssen in den Ruhestand geschickt werden“, forderte damals eine anonyme, schwarze „Pressure Group“. So geschah es. Aus Anlaß der Rassenunruhen in verschiedenen nordenglischen Städten druckte The Salisbury Review Honeyfords Artikel noch einmal, denn seine Warnungen haben sich bestätigt. Zum Gentleman gehört es, Haltung zu bewahren - auch in schwierigen Zeiten. Darin ist The Salisbury Review vorbildlich. Catherine Owerman

„The Salisbury Review“ erscheint dreimonatlich und kostet im Jahresabonnement 17 Pfund. Verlagsadresse ist 33 Canonbury Park South, UK - London NI 2 JW.


 
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