© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/01 14. Dezember 2001

 
CD: Jazz
Eigenständiges
Michael Wiesberg

Der Münsteraner Christian Bleiming (Jahrgang 1960), hier und da als „westfälischer Boogie-König“ bezeichnet, gehört zur mittleren Generation der Blues- & Boogie-Musiker in Deutschland. Bleiming bevorzugt einen traditionellen Stil, der an Musiker „Pinetop“ Smith, Meade „Lux“ Lewis oder anderer Altmeister angelehnt ist. Er bleibt aber nicht bei der Interpretation der Blues-Klassiker, sondern macht auch immer wieder mit Eigenkompositionen auf sich aufmerksam. Als Solopianist der Fernseh-Talkshow „Theatercafé live“ erspielte Bleiming sich zunächst im Münsterland einen gewissen Ruhm, bevor ihn seine Tourneen auch ins Ausland führten. Zwischen 1990 und 1998 veröffentlichte er vier CDs, die seinen pianistischen Werdegang eindrucksvoll dokumentieren. Besonders mit seinem dritten Album „Boogie-Woogie Power-Train“ hat sich der Münsterländer einen Namen gemacht. 1998 folgte die CD „Boogie that Blues away!“, auf der Bleiming als Interpret sensibel vorgetragener Bluestitel sowie mit furiosem Boogie-Klavier, aber auch als Begleiter für den Sänger Tommie Harris zu hören ist.

Jetzt liegt mit „Solo & Live“ Bleimings insgesamt fünftes Album vor, das bei dem Osnabrücker Musikverlag Acoustic Music Records erschienen ist. Als Solist gibt Bleiming auf diesem Album sein Debüt. „Solo & Live“ ist eine Mischung aus Klassikern wie „Honky Tonk Train Blues“ (bei Bleiming: „New Honky Tonk Train“) oder „Just al closer Walk with Thee“ sowie Eigenkompositionen, die die kreative Eigenständigkeit Bleimings erneut nachdrücklich unterstreichen.

An kreativer Eigenständigkeit hat es auch dem renommierten Bassisten Eberhard Weber nie gemangelt. Weber entwickelte im Laufe der Zeit einen unverwechselbaren Ton auf einem speziell für ihn gebauten elektrischen Kontrabaß, dessen Möglichkeiten er später bis hin zu einem geradezu orchestralen Klangbild erweiterte. Bekannt wurde Weber als Mitglied von Ralph Towners „Solstice“-Gruppe und, zusammen mit Pat Metheny , als Gast in den wechselnden Formationen des Vibraphonisten Gary Burton. Daneben unterhielt Weber zwischen 1975 und 1980 mit Charlie Mariano, Rainer Brüninghaus und Jon Christensen bzw. John Marshall ein festes Quartett namens Colours. Die drei Alben dieses Ensembles , „Yellow Fields“ (ECM 1066), „Silent Feet“ (ECM 1107) und „Little Movements“ (ECM 1186) haben sich einen festen Platz in der Geschichte des Jazz erobert.

Mit seinem aktuellen Album „Endless Days“ (ECM 1748) kehrt Eberhard Weber zur Quartett-Besetzung mit einem Bläser, Klavier, Bass und Schlagzeug zurück. „Ich wollte mich“, so Weber in einem Interview, „auf dieser Platte meiner ursprünglichen Liebe, der Klassik, nähern, ohne freilich einen Beitrag zu diesem Genre zu liefern oder eine, ohnehin unmögliche, Fusion anzustreben.“

Die Besetzung für dieses Album ergab sich für Weber während der Arbeit an den Kompositionen. Mit Paul McCandless hatte Weber bereits 1982 bei seiner letzten Ensemble-Aufnahme „Later That Evening“ (ECM 1231) zusammengearbeitet. Paul McCandless, zusammen mit Ralph Towner Gründungsmitglied der Gruppe Oregon, hat seit 1972 an diversen Aufnahmen mitgewirkt. „Er spielt auf der ganzen Platte nur ein einziges Mal Sopransaxophon“, so Eberhard Weber über McCandless, „ansonsten ausschließlich sogenannte klassische Instrumente: Oboe, Englisch Horn und Baßklarinette. Ich habe zum Teil überaus schwierige Passagen für ihn geschrieben, besonders im Titelstück ‚Endless Days‘, und man findet wohl nur wenige, die das so spielen können wie er.“

Weber erklärte mit Blick auf sein neues Album, daß er „großen Wert“ darauf lege, daß seine Musik in jedem Moment„kurzweilig“ sei. Diesem Anspruch konnte er auf „Endless Days“ erneut entsprechen.


 
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