© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    52/01 01/02 21. Dezember / 28. Dezember 2001

 
Filz und Verschwendung
Rundfunkgebühren: Die Sächsische Landesmedienanstalt steht wegen ihrer Finanzpolitik in der Kritik
Matthias Bäkermann

Nachdem die Sächsische Landesmedienanstalt (SLM) durch den beabsichtigten Kauf einer repräsentativen Villa in Leipzig aus Finanzüberschüssen für Proteste gesorgt hat, sind weitere Ungereimtheiten bei ihrer Finanzgestaltung bekannt geworden.

Der Präsident des SLM-Medienrates, Kurt-Ulrich Mayer, ist nun wegen seiner ehrenamtlichen Aufwandpauschale von 5.500 Mark in die Kritik geraten. Als Verteidigung führte der in Leipzig als Rechtsanwalt tätige Mayer an, daß er bis zu 130 Stunden im Monat für die SLM unterwegs sei. „Die Pauschale entspricht damit einem Stundensatz von gerade einmal 23,50 Euro“, merkte Mayer gegenüber der Sächsischen Zeitung an. Den Kauf der Villa nahm er in Schutz - nirgends sei festgelegt, daß die gebührenfinanzierte Medienanstalt keine Immobilien besitzen dürfe. Der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow ist da allerdings anderer Meinung: „Der SLM-Vorgang ist das I-Tüpfelchen einer sächsischen Medienpolitik, bei der Filz und Verschwendung offenbar zum Tagesgeschäft gehören.“

Die Geschichte der Landesmedienanstalt begann vor zehn Jahren. Nach der Wiedervereinigung wurde in der ehemaligen DDR die Struktur der Medien nach westdeutschem Vorbild angestrengt. Nach Sendebeginn des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) am 1. Januar 1992 wurde fast gleichzeitig die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) als Anstalt des Öffentlichen Rechtes gegründet. Ihre Aufgabe bestand darin, eine Zulassungs- und Aufsichtsbehörde zu schaffen, die die privaten Rundfunkveranstalter betreuen sollte. Ferner sollte durch die Plazierung der neuen Anstalt in Leipzig die historische Medienstadt aus früheren Tagen mehr Gewicht bekommen. Allerdings ist diese Politik bis auf den in Leipzig ansässigen Regionalsender PSR nicht besonders erfolgreich verlaufen. Antenne Sachsen ist nach kurzer Zeit nach Dresden gewechselt. Die SLM spielt selbst dabei eher eine untergeordnete Rolle. „Ihre zwanzig Mitarbeiter produzieren nichts, nur Akten. Als medienpolitische Entscheidungsbehörde gehört sie dahin, wo auch sonst in Sachsen Landespolitik gemacht wird, nämlich nach Dresden,“ beurteilt der erste Direktor der SLM, Detlev Kühn, die Situation. Die Idee, durch die Ansiedlung der Behörde den Standort Leipzig zu stärken, scheint Kühn nur „ein weiteres Beispiel für die Konzeptionslosigkeit in der sächsischen Medienpolitik zu sein.“

Daß die Beharrlichkeit dieser Umsetzung nicht an fehlende finanzielle Mittel gebunden ist, beweist auch der beabsichtigte Kauf der umstrittenen Villa, die als neuer SLM-Sitz dienen sollte. Daß der Haushalt der kleinen Behörde trotz der umfangreichen „Aufwandsentschädigungen“ (der fünfköpfige Medienrat erhält jährlich 268.000 Mark, zusätzlich 350.000 Mark für die 31 ehrenamtlichen Vertreter, weiterhin Sitzungs- und Reisegelder sowie „Repräsentations“-Aufwendungen von 123.000 Mark) für derartige Rückstellungen ausgestattet ist, wirft nach der letzten Rundfunkgebührenerhöhung Fragen auf, denn Überschüsse müßten für die Mediengestaltung an die Landesrundfunkanstalten zurückfließen.

Doch die Kontrolle über das Fianazgebaren innerhalb der sächsischen Medien gestaltet sich in Sachsen schwierig. Alle im Landtag vertretenen Parteien, besonders CDU und SPD, hätten bei den verantwortlichen Stellen ihre Parteifreunde sitzen, die sie natürlich nicht drangsalieren wollten, sagte Zastrow der JUNGEN FREIHEIT. „Daher sei die großzügige Mittelvergabe gängige Praxis.“ Auch beim MDR werde durch das Proporz-System die politische Kontrolle erschwert. Niemand habe sich über den großen Immobilienbesitz dieser Landesrundfunkanstalt beschwert, auch die üppige MDR-Zentrale in Leipzig sei kein Zeichen der Bescheidenheit. „Die Überschüsse an die Gebührenzahler zurückfließen zu lassen, scheint für die Verantwortlichen die letzte aller Möglichkeiten zu sein, auch in Zeiten allgemeiner Steuererhöhungen. Besonders in Sachsen hat man bei der Beobachtung dieses Filzes sehr starke Nerven“, seufzt Zastrow.


 
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