© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/02 04. Januar 2002

 
WIRTSCHAFT
Warten auf den Aufschwung
Bernd-Thomas Ramb

Wenn der Bundesfinanzminister in die Haushaltsde-batte kindlich-trotzig einwirft: „Der Aufschwung wird kommen, auch wenn das ihnen nicht paßt“ (gemeint war die Opposition), hat er natürlich recht. Den gleichen Anspruch auf Wahrheit kann die Prognose erheben, der Euro wird seinen Kurs gegenüber dem Dollar verbessern. Die Schwierigkeit besteht in der Festlegung des Zeitpunkts. Kommt der Aufschwung 2002 oder 2005 oder 2020? Daß irgendwann die Abwärtstendenz gebrochen wird, ist in der Volkswirtschaft eine triviale Erkenntnis. Die Kunst der zeitlich treffsicheren Vorhersehung besteht in der richtigen Erkennung der Vorzeichen. Das erwähnt schon Cicero in seinen „Weissagungen“.

Wenn jetzt das Ifo-Institut beim Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft Westdeutschlands, einer der Frühindikatoren für die Einschätzung der Konjunkturlage, einen geringfügigen Anstieg von 84,7 auf 84,9 Punkte meldet, kann daraus allerdings noch nicht der beginnende Aufschwung geschlossen werden. Gerade nach einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau ist die relative Stärke einer möglichen Trendwende besonders stark nach oben verzerrt. Der Internationale Währungsfond hat seine Prognose für 2002 dagegen nochmals nach unten revidiert. Nach 0,5 Prozent Wachstum im letzten Jahr werden in diesem nur 0,7 Prozent erwartet. Konjunkturverläufe sind keine schicksalhaften Ereignisse. Ihre Vorhersagbarkeit hängt wesentlich davon ab, was zur Änderung ihres Verlaufs aktiv getan wird. Passives Warten auf bessere Zeiten nach dem Prinzip „hoffentlich bald“ ist das Schlechteste. Ein marginaler Aufwärtstrend könnte sich im kommenden Sommer zeigen. Mehr als statistisches Blendwerk kann er nur bedeuten, wenn eine wirtschaftspolitische Trendwende vorangeht.


 
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