© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/02 11. Januar 2002

 
Quer zum Zeitgeist
Totalopposition: Hans-Dietrich Sanders Monatszeitschrift „Staatsbriefe“ wird eingestellt
Richard Stoltz

Die Staatsbriefe, Hans-Dietrich Sanders Münchner Monatsschrift, werden eingestellt - nicht wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, sondern weil ihr Herausgeber und Besitzer eine kritische Altersgrenze erreicht hat und sich künftig nicht mehr den Strapazen des Redaktionsbetriebs aussetzen mag. Der 73jährige möchte noch einige wichtige Buchprojekte realisieren; das ist aller Ehren wert und verdient Respekt.

Aber es ist schade, daß es offenbar nicht gelungen ist, die Zeitschrift zu erhalten und in jüngere Hände übergehen zu lassen. Denn so klein und exklusiv der Leserkreis war - die Staatsbriefe haben in den zwölf Jahrgängen, in denen sie erschienen, einen starken Akzent in der deutschen Presselandschaft gesetzt. Sie standen nicht nur quer zum Zeitgeist, sondern auch und vor allem quer zu eben jener Presselandschaft, wo sich die „Preßbengel“ (H.-D. Sander), welcher Couleur auch immer, austoben und der man auf keinen Fall zugerechnet werden wollte. Staatsbriefe: das bedeutete nach allen Richtungen hin Totalopposition, Hyperkritik, teils vornehm-verächtliches, teils grimmiges Sichabsetzen.

Dabei waren die Hefte immer interessant, nicht nur durch Sanders eigene kraftvolle Beiträge, sondern etwa auch durch Josef Schüßlburners originelle, unheimlich treffende Analysen oder durch Wolfgang Strauss’ Mitteilungen aus dem russischen Geistesleben, die nirgendwo anders zu haben waren. Das Spektrum der Artikel war breit, bot sich aber immer gut „ghibellinisch“ dar, d. h. im besten Sinne vaterländisch, um das Wohl des Vaterlands und des deutschen Volkes besorgt.

Vielleicht ist die Nachricht vom Exitus der Staatsbriefe „in der bisherigen Form und unter der bisherigen Leitung“ doch noch keine definitive Todesanzeige? Sander deutete an, daß es nach einem halben Jahr möglicherweise irgendwie weitergehen könnte; „die Abonnenten und alle Interessenten“ würden auf dem laufenden gehalten. Nun warten die Liebhaber der Staatsbriefe auf neue Nachricht aus München.


 
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