© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/02 25. Januar 2002


Kein Landesverrat
von Roland Schnürch

Der tschechische Ministerpräsident Zeman scheint um einen Abgang von der politischen Bühne bemüht zu sein, die ihn auf eine Stufe mit Ex-Staatspräsident Edvard Benes stellt, dem eigentlichen Urheber der Vertreibung der Ost- und Sudetendeutschen. Landesverrat - welchen Zeman den Sudeten vorwirft - ist die Offenbarung von Staatsgeheimnissen, wodurch die Sicherheit eines Staates bedroht wird.

Zeman müßte seinen Vorwurf auf die britische Regierung ausdehnen, die im September 1938 den Bericht des von ihr in die CSR entsandten Beobachters, Lord Runciman, entgegennahm: „Für mich ist selbstverständlich, daß die zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei liegenden Grenzgebiete, in denen die Sudetendeutschen die klare Mehrheit besitzen, sofort das uneingeschränkte Selbstbestimmungsrecht erhalten sollten ... Ich bin daher der Ansicht, daß diese Grenzbezirke von der Tschechoslowakei unverzüglich an Deutschland übertragen werden sollten.“

Zemans Äußerung wurde durch den Vorschlag des Bundesobmannes der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich, Gerhard Zeihsel, ausgelöst, im sudetendeutschen Vertreibungsgebiet zweisprachige Ortsbezeichnungen einzurichten. Zemans beleidigende Äußerungen werden dem beabsichtigten EU-Beitritt der Tschechischen Republik Schaden zufügen. Mit den Benes-Dekreten gibt es keinen Weg zu einer gedeihlichen europäischen Partnerschaft. Die Wiedergutmachung der Vertreibungen steht weiterhin auf der Tagesordnung.


 
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